Eskalation in Kongos Ölkrieg

Hunderte Tote und Plünderungen bei Einnahme des kongolesischen Bunia durch Ugandas Armee. Jetzt droht Krieg mit Ruanda, das Bunias Herrscher bislang stützte

BERLIN taz ■ Der gemeinsamen Ölsuche der kongolesischen und ugandischen Regierungen im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo steht nichts mehr im Wege. Bunia, die Hauptstadt der betroffenen Region Ituri, ist an Ugandas Armee gefallen. 300 bis 1.000 Menschen sind unterschiedlichen Quellen zufolge bei der Einnahme und Massakern getötet worden. Die bisher in Bunia herrschende Rebellenbewegung UPC (Union patriotischer Kongolesen), mit Ruanda verbündet, ist auf der Flucht.

Mit schwerer Artillerie eröffneten die bislang am Flughafen von Bunia stationierten ugandischen Truppen am Donnerstag im Morgengrauen das Feuer auf die 160.000 Einwohner zählende Stadt. Nach fünfstündigen Kämpfen floh die UPC-Führung geschlagen in die Goldminen von Mongbwalu, ihr ökonomisches Standbein. UPC-Führer Thomas Lubanga sagte dem UN-Nachrichtendienst Irin, hinter den ugandischen Linien seien Soldaten der kongolesischen Regierungsarmee von Präsident Joseph Kabila sowie der mit Kabila verbündeten lokalen ostkongolesischen Milizen nach Bunia einmarschiert. Die „fingen an, die Bevölkerung zu massakrieren und die Stadt zu plündern“, während ugandische Panzerbesatzungen zuschauten. Nach unabhängigen Berichten wurden über 300 Menschen getötet. Sprecher der Hema-Volksgruppe, dem Rückgrat der UPC, sprachen von 1.000 Toten. „Häuser, die Hema gehören, werden mit Raketen angegriffen, während Milizen plündern“, so eine Hema-Erklärung in Kinshasa.

Ugandas Armee wies alle Vorwürfe zurück. „Es gibt keine Toten in der Stadt“, sagte Armeesprecher Shaban Bantariza. UPC-Führer Lubanga hatte dafür am Freitag eine Erklärung: „Heute früh haben ugandische Truppen die Bevölkerung gezwungen, die Leichen aufzusammeln und auf Lastwagen zu laden, mit denen sie zum Flughafen gebracht wurden.“ Hilfswerke bestätigen, dass Milizen nach dem ugandischen Einmarsch unter anderem das humanitäre Büro der UNO sowie das UN-Lebensmittellagers in Bunia plünderten.

Die UNO hat ein Problem, denn dass Ugandas Truppen 2002 per Ausnahmeregelung in Bunia blieben, während alle ausländischen Streitkräfte Kongo verließen, geht auf den Wunsch der UN-Mission im Kongo zurück. Damit wollte sie ein Minimum ein Sicherheit in der zwischen lokalen Milizen umkämpften Region Ituri garantieren. Seit die UPC im Januar ein Militärbündnis mit Kongos ruanda-treuen Rebellen von der RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) geschlossen hatte, herrschte zwischen der UPC und Ugandas Armee sowie deren Verbündeten latenter Krieg.

Offene Kämpfe brachen am 24. Februar südlich von Bunia aus. Dabei kam es im Ort Bogoro zu einem Massaker am 300 Menschen. In der Folge eskalierten die Kämpfe. Ein interner UN-Bericht legt dar, dass am 5. März eine Beobachtermission, die die Lage außerhalb Bunias erkunden wollte, nach nur dreieinhalb Kilometern „angesichts einer Menschenflut“ von Kriegsflüchtlingen umkehren musste.

Die Einnahme Bunias ist von übergeordneter Bedeutung für die Regierungen Ugandas und Kongos, weil diese auf beiden Seiten der nahen gemeinsamen Grenze nach Öl suchen lassen (siehe taz vom 3. 3.). Die UPC, Alliierter Ruandas, störte dabei. Doch ist zu vermuten, dass die Eroberung Bunias den Krieg nicht beendet. Ugandas und Kongos Regierungen werfen Ruanda vor, die UPC militärisch zu unterstützen. Nach der Eroberung Bunias sagten ugandische Regierungsstellen, die UPC erhalte in ihrem neuen Rückzugsgebiet Mongbwalu „Truppen und Ausrüstung eines fremden Landes“. Von Ruanda verlautete, ruandische Hutu-Milizen hätten Basen in Uganda eingerichtet. Normalerweise sind solche Vorwürfe seitens der ruandischen Regierung das Vorspiel zu einer Militäraktion. Während in Bunia massakriert wurde, unterzeichneten Kongos Kriegsparteien in Südafrikas Hauptstadt Pretoria eine Übergangsverfassung für Kongos Nachkriegszeit und gelobten sich Frieden.

DOMINIC JOHNSON