The Times They Are A-Changin‘

Zweimal George W. Bush zur Lage der Nation: Vor einem Jahr sprach der US-Präsident ausführlich über die Bedrohung des Weltfriedens durch irakische Massenvernichtungswaffen. Ihre Existenz sollte den Krieg legitimieren. Bis heute sind keine atomaren, chemischen oder biologischen Kampfmittel im Irak gefunden worden. Gestern fielen die Worte zur offiziellen Begründung für den Krieg entschieden kürzer aus. Vergleichen Sie selbst

28. 1. 2003

Die Mitarbeiter unserer Geheimdienste schätzen, dass Saddam Hussein den Grundstoff für die Produktion von 500 Tonnen Sarin, Senfgas und VX Nervenkampfstoff hat. In solchen Mengen könnten diese chemischen Mittel tausende töten. Er wird für diese Substanzen nicht zur Rechenschaft gezogen. Er hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass er sie zerstört hat.

US-Geheimdienstberichte lassen vermuten, dass Saddam Hussein bis zu 30.000 Schuss Munition besaß, die mit chemischen Kampfstoffen ausgerüstet werden konnten. Die Inspektoren haben zuletzt 16 davon aufgefunden – trotz der letzten irakischen Erklärung, die ihre Existenz abstritt. Saddam Hussein hat keine Rechenschaft für die verbliebenen 29.984 Stück dieser verbotenen Munition abgegeben. Er hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass er sie zerstört hat.

Wir wissen von drei irakischen Überläufern, dass der Irak in den späten 90er-Jahren einige mobile Laboratorien für biologische Waffen besaß. Sie wurden eingerichtet, um Bakterien für den Kriegseinsatz zu produzieren. Um den Inspektoren auszuweichen, können diese hin und her bewegt werden. Saddam Hussein hat diese Einrichtungen nicht geschlossen. Er hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass er sie zerstört hat.

Die Internationale Atomenergiebehörde bestätigte in den 90er-Jahren, dass Saddam Hussein über ein fortgeschrittenes Programm zur Entwicklung von Atomwaffen verfügte, den Konstruktionsplan für eine Atombombe besaß und an fünf verschiedenen Methoden zur Anreicherung von Uran für eine Atombombe arbeitete. Die britische Regierung hat in Erfahrung gebracht, dass Saddam Hussein jüngst um bedeutsame Mengen Uran aus Afrika ersucht hat. Unsere Geheimdienstquellen sagen uns, dass er versucht hat, verstärkte Aluminiumröhren anzuschaffen, die für die Produktion von Nuklearwaffen geeignet sind. Saddam Hussein hat diese Aktivitäten nicht glaubwürdig erklärt. Er hat eine Menge zu verstecken. (...)

Jahr für Jahr hat sich Saddam Hussein jede nur mögliche Mühe gegeben, enorme Geldsummen ausgegeben und große Risiken in Kauf genommen, um Massenvernichtungswaffen zu bauen und zu behalten. Aber wozu? Die einzige mögliche Erklärung, der einzige mögliche Nutzen, den er für diese Waffen haben könnte, ist, zu dominieren, einzuschüchtern oder zu attackieren.

Mit Nuklearwaffen oder einem Arsenal voll von chemischen und biologischen Waffen könnte Saddam Hussein Ambitionen zur Eroberung im Nahen Osten wiederaufnehmen und ein tödliches Chaos in der Region verursachen. Und dieser Kongress sowie das amerikanische Volk müssen eine andere Bedrohung zur Kenntnis nehmen: Belege aus Geheimdienstquellen, geheimen Mitteilungen und Äußerungen von Personen, die sich derzeit in Schutzhaft befinden, offenbaren, dass Saddam Hussein Terroristen, inklusive Mitglieder von al-Qaida, hilft und diese beschützt. Heimlich und ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen, könnte er eine seiner versteckten Waffen Terroristen zur Verfügung stellen oder ihnen dabei helfen, eigene Waffen zu entwickeln.

Vor dem 11. September glaubten viele, dass Hussein in Schach gehalten werden könnte. Aber chemische Mittel, tödliche Viren und schattenhafte Terroristen-Netzwerke sind nicht leicht einzudämmen. Stellen Sie sich die 19 Luftpiraten mit anderen Waffen und anderen Plänen vor – diesmal von Saddam Hussein ausgestattet. Es bedürfte nur eines Fläschchens, eines Kanisters, einer Kiste, das in dieses Land gelangt, um einen Tag des Horrors zu verursachen, wie wir ihn bisher noch nicht erlebt haben. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass dieser Tag niemals kommen wird. (…)

Die Welt hat 12 Jahre auf die Entwaffnung des Irak gewartet. Amerika wird eine ernste und ansteigende Bedrohung unseres Landes, unserer Freunde und unserer Alliierten nicht akzeptieren.

20. 1. 2004

Wenn wir nicht gehandelt hätten, würden die Programme für Massenvernichtungswaffen des Diktators bis heute andauern. Wenn wir nicht gehandelt hätten, wären die Drohungen des Sicherheitsrats als leer entlarvt worden, die UNO geschwächt und der Widerstand von Diktatoren in der ganzen Welt ermutigt worden.