Globaler Rauswurf

Streik im Kieler Werk bei Heidelberger Druckmaschinen AG. Der Konzern möchte jährlich 200 Millionen Euro sparen und statt in Kiel lieber in den USA investieren

Im Kieler Werk der Heidelberger Druckmaschinen AG steht ein Streik ins Haus. 98 Prozent der IG Metaller haben in einer Urabstimmung für einen Arbeitskampf votiert, der heute beginnt. Damit soll ein Haustarifvertrag für die geplante Teilbetriebsstilllegung durchgesetzt werden. Die Beschäftigten wollen so erweiterten Kündigungsschutz sowie eine soziale Abfederung erreichen.

1100 Mitarbeitende sind im Betrieb zurzeit tätig, fast 800 MitarbeiterInnen droht der Rausschmiss, da Heidelberger die Produktion in die USA verlagern möchte. „Die Verlagerung in die USA ist betriebswirtschaftlich und unternehmensstrategisch weder notwendig noch sinnvoll“, wettert IG Metall-Sprecher Claus Eilrich. Noch im Sommer vorigen Jahres war zwischen Betriebsrat und Vorstand in einem Interessenausgleich vereinbart worden, den Kieler Betrieb zum weltweiten Hauptstandort für Farb- und Digitaldruckmaschinen des Konzerns zu küren.

In der Tat sind die Pläne riskant. Zwar jammert das Unternehmen über die schlechte konjunkturelle Lage vor allem auf dem „Hauptmarkt USA“, da durch den weltweiten Einbruch des Werbemarktes Verlage und Druckereien „Investitionsentscheidungen zurückstellten“, dennoch rechnet Heidelberger im diesem Jahr mit 4,2 Milliarden Euro Umsatz. Allerdings zum ersten Mal mit roten Zahlen (Vorjahr 48 Millionen Euro Gewinn). Das Minus resultiert ausschließlich daraus, das 126 Millionen Euro an „Restrukturierungskosten“ – also für den Kahlschlag – bereitgestellt werden. Danach hofft der Vorstand auf jährliche Einsparungen von 200 Milllionen Euro.

Das Familienunternehmen aus Wiesloch bei Heidelberg ist in der Tradition des Buchdrucks groß geworden. Der „Heidelberger Tiegel“ und „Heidelberger Zylinder“ galten über Jahrzehnte als der VW der Druckindustrie. Mit dem Vormarsch des Offsetdrucks expandierte Heidelberger noch rasanter – inzwischen beschäftigt der Konzern weltweit 24.500 MitarbeiterInnen. Das Standbein Kiel entstand im Zuge der Einführung von Elektronik. Damals kaufte Heidelberger die Marktführer für Satzmaschinen „Linotype“ sowie Reproduktionstechnik „Hell“ in Kiel auf und entwickelte den computergesteuerten Druck weiter.

Der Streik ist zunächst auf zwei Tage befristet.KAI VON APPEN