Ansichten einer Trennung

Im Juni 2002 machte sich die Regierung Ariel Scharons den Plan eines Trennzauns, der lange zuvor von der Arbeitspartei propagiert worden war, zu Eigen. Die zumeist aus Zäunen, Mauerteilstücken, Gräben und elektronischen Warnsystemen bestehenden Anlagen mit einer Breite von 60 bis 70 Metern hatten das erklärte Ziel, die Infiltration von Terroristen zu stoppen. Der Initiator der Idee, Arnon Sofer von der Universität Haifa, hatte vor allem demografische Entwicklungen und die Sorge um die jüdische Mehrheit in Israel vor Augen, als er die physische Trennung von den Palästinensern propagierte.

Das Kabinett segnete den Plan zunächst nur prinzipiell ab, über die Route sollten der Premier- und der Verteidigungsminister entscheiden. Hatte Expremierminister Ehud Barak einen Verlauf entlang der Waffenstillstandslinie von 1967 geplant, so weicht die jetzt errichtete Trennlinie erheblich davon ab und reicht bis zu sieben Kilometer tief in palästinensisches Land. Beginnend vom nördlichsten Ort im Westjordanland Salem bis zu der jüdischen Siedlung Elkana östlich von Tel Aviv, wurden in der ersten Phase 145 Kilometer Sicherheitsanlagen errichtet. Weitere 270 Kilometer befinden sich derzeit im Bau.

Die neue Grenze macht komplette palästinensische Gemeinden zu Enklaven und verhindert den Zugang der Bauern zu ihrem Land. Der Menschenrechtsorganisation Betselem zufolge sind bereits über 200.000 Menschen unmittelbar betroffen. Bis zu 38 Prozent der Gesamtbevölkerung, so veranschlagt Betselem, werden erheblich in ihrem Alltag beeinträchtigt sein, wenn die Trennanlagen komplett errichtet sind.

Nicht die prinzipielle Entscheidung über die Trennung, sondern der Verlauf der Anlagen war wiederholt Thema internationaler Kritik und der Androhung von Sanktionen. Die UN-Vollversammlung hat den Internationalen Gerichtshof in den Haag beauftragt, die rechtlichen Folgen des Baus zu prüfen. Am 23. Februar ist die erste Anhörung vor Gericht.

SUSANNE KNAUL