Duisburger SPD verlässt das sinkende Schiff

Grüne und CDU werfen der Duisburger SPD vor, ihre parteinahen Dezernenten sieben Monate vor der Kommunalwahl auf sichere Posten zu verschieben. Es werde ein „Analphabet zum Lektor“ gemacht

DUISBURG taz ■ Gerd Bildau kann beruhigt in seine Duisburger Zukunft blicken: Für die nächsten fünf Jahre hat er seinen Posten als hauptamtlicher Chef der Duisburger Marketing GmbH (DMG) sicher. Der 57-Jährige soll vor allem die World-Games 2005, die Weltspiele der nicht-olympischen Sportarten in Duisburg, bekannt machen. In seinem bisherigen Job als Kulturdezernent hätte er sich in spätestens sieben Monaten nach der Kommunalwahl erneut zur Wahl stellen müssen. Mit seiner Ernennung vor einer Woche hat ihn die SPD-Fraktion vor einem ungewissen Ausgang des BürgerInnenvotums bewahrt.

„Das ist eine skrupellose Unverfrorenheit“, sagt Adolf Sauerland, CDU-Fraktionschef in Duisburg. Noch schnell vor der Kommunalwahl sollten Spitzengenossen mit lukrativen Jobs versorgt werden. „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.“ Für Sauerland ist das kein Ausrutscher, sondern „sozialdemokratisches System.“ Oberbürgermeisterin Bärbel Zieling (SPD) und ihre GenossInnen sicherten sich auf Kosten der Bürger und Bürgerinnen ihre Pfründe. Dabei sei Bildau der falsche Mann: Ein Verwaltungsbeamter habe kein kommunikatives Geschick. „Genausogut kann man einen Analphabeten zum Lektor eines Buchverlages machen.“

Die World-Games sorgen in der Hafenstadt seit Planungsbeginn für Zündstoff. Die Finanzierung ist unsicher, ein Hauptsponsor fehlt, der Gesamtetat von 7,5 Millionen Euro ist noch nicht gedeckt. Trotzdem sollen die World Games wie geplant vom 14. Juli bis zum 24. Juli 2005 in Duisburg und den Partnerstädten Oberhausen, Mühlheim und Bottrop stattfinden. Rund 500.000 Zuschauer und Zuschauerinnen sollen rund 30 nichtolympische Sportarten wie Rugby, Tauziehen oder Karate verfolgen. Bildaus Vorgänger Günter Böhm, ein zunächst hochgepriesenerWerbe-Profi aus München, bezeichneten alle Parteien kurz nach seiner Anstellung als Fehlgriff, er wurde entlassen. Seit Anfang Oktober war die Stelle nicht mehr besetzt.

Für die Grünen hätte das bis zur Wahl so bleiben können. „Die Aufgabe hätte auf die anderen Dezernenten verteilt werden können“, sagt Geschäftsführer Ralf Krumpholz. Die Bildau-Wahl sei ein abgekartetes Spiel: Weil die SPD die Wahl verloren gebe, verschiebe sie jetzt ihre Genossen auf sichere Pöstchen. Krumpholz vermutet, dass auch Stadtdirektor Jürgen Brandt mit einem Trick vor einer erneuten Wahl gerettet werden soll: Brandt werde die freiwerdenden Ressorts von Bildau übernehmen und sei damit für weitere acht Jahre von der jetzigen rot-gelben Mehrheit gewählt. Die Grünen kündigten an, Beschwerde beim Düsseldorfer Regierungspräsidenten einzulegen.

Die Genossen und Genossinnen in Duisburg sehen die Anschuldigungen locker. „Es gab keine Alternative zu Bildau“, sagt SPD-Geschäftsführer Uwe Linsen. Die CDU habe sich im früheren Marketing-Chef Böhm genauso getäuscht wie die SPD, „sie sitzt komplett mit im Boot.“ Nach Böhms Weggang sei alles ganz eilig gewesen, die Zeit renne einfach wie verrückt.

ANNIKA JOERES