Der diskrete Schweiß der Bourgeoisie

Als Tagesgast im Parkhotel dürfen auch Hinz und Kunz die sonst exklusive Wellness-Abteilung nutzen

„Was kostet denn dieser junge Mann hier drüben pro Stunde?“ Das wäre nun just die falsche Frage, die man an der Wellness-Rezeption im Parkhotel im Bürgerpark stellen könnte. Aber vermutlich würden die Angestellten nicht mal dann ihre Stimme erheben, sondern mit vollendeter Höflichkeit darauf hinweisen, dass es sich bei dem „jungen Mann“ um den Junior eines Club-Mitglieds handelt, der sich heute einen „Beauty-Tag“ im „Sparks“, dem Sauna- und Verwöhn-Bereich des Parkhotels gönnt.

Normale Menschen dürfen in diesen Bereich eigentlich gar nicht rein – er ist strikt den Hotelgästen und Clubmitgliedern vorbehalten. „Wir machen das, weil das ein exklusiver Bereich bleiben soll“, so der ebenfalls vollendet freundliche Herr an der Hotelrezeption. Aber ein Schlupfloch für Normalsterbliche gibt es doch: Das Tageszimmer. Für schlappe 84 Euro können Hinz und Kunz ein Doppelzimmer im Luxushotel im Bürgerpark mieten und dann zwischen 9 Uhr morgens und 18 Uhr abends auch den Sauna-Bereich ohne weitere Kosten nutzen.

„Haben Sie einen Parkplatz gefunden? Woher sind sie denn angereist“, fragt zuvorkommend der Saunataschen-Träger und blickt leicht irritiert bei der Antwort: „Mit dem Fahrrad aus der Feldstraße.“ Auf dem Zimmer dann mit Balkon und Mini-Bar liegen zellophanverpackt weiße Frottee-Puschen bereit, zwei weiße Bademäntel sind auf dem bordeauxroten Bettüberwurf drapiert. Nachdem der Tagesgast diverse Stilunsicherheiten in der gehobenen Umgebung mit einem selbstbewussten „Iss-ja-auch-egal-so-schnell-kann-ich-mir-das-sowieso-nicht-mehr-leisten“ aus dem Weg geräumt hat, stapft man also im Bademantel über die Hotelflure, begegnet vollständig bekleideten Hotelgästen im Aufzug, die sich aber gottlob kein bisschen wundern: Uff, alles richtig gemacht!

Und betritt schließlich den Saunabereich: Es lockt die Amethysten-Grotte mit einem lebensgroßen Edelstein, aus dem lila Dampf in erträglicher Temperatur dringt. Der Allerwerteste ruht auf körpernah geschwungenen, mosaikgeschmückten Steinbänken. Die gute alte Finnen-Sauna mit 90 Grad darf selbstverständlich auch nicht fehlen, ein Hamam mit einer marmornen Mittelsäule ist auch im Angebot. Danach wird der diskrete Schweiß der Bourgeoisie in den Erlebnisduschen (tropic, rain, flash) abgewaschen, nicht ohne sich vorher mit gecrashtem Eis aus dem Maul eines steinernen Löwen abzureiben.

Das könnte Lust auf einen Drink machen, den man entweder oben an der Bar nimmt, an der sich auch besagte leicht geschürzte junge Männer finden, oder eben gleich auf dem Zimmer. Denn zum Ruhen zwischen den Saunagängen schlappt man erneut über die trittgedämpften Flure, bestellt sich ein Sandwich (nicht im Preis) und hält ein kleines Nickerchen.

Alles in allem eine absolut empfehlenswerte Art einen Tag zu verbringen, mit Begleitung und vielleicht auch einem Sponsor. Bei einem Preis von rund 18 Euro in einer herkömmlichen Sauna sind allerdings die Kosten von 42 Euro pro Peron im Tageszimmer nicht ganz so bourgeois, wie man es an diesem Ort vermuten könnte. Elke Heyduck