Der größte Unbekannte

Kriegsfilm, Melodrama, dokumentarische Bilder und Aufnahmen von Trümmern: Samuel Fullers „Verboten!“, der heute im Metropolis läuft, verbindet das alles

„Love, Hate, Action, Violence, Death – in one word: Emotion“: Fuller über Filme

Dass Film wie ein Schlachtfeld sei, „Love, Hate, Action, Violence, Death – in one word: Emotion“, das sagt Samuel Fuller nicht einfach nur so als Schauspieler in Godards Pierrot le fou. Das lässt sich auch ablesen an jedem seiner zwischen 1949 und 1990 gedrehten Filme. Genre-Filme allesamt: Kriegsfilme, wie Verboten!, Western und Krimis, Melodramen und Gangsterfilme. Oft mit kleinem Budget, aber immer mit großem inszenatorischen Erfindungsreichtum gedreht. Für Bernado Bertolucci, der in seinem wunderbaren Die Träumer als ersten Filmausschnitt eine Szene aus Fullers Shock Corridor zeigt, ist er gar ein Gott oder zumindest „der größte unbekannte Regisseur der Welt. Seine Filme sind wie die Musik der Schwarzen: purer Rhythmus, Gewalt und die Suggestion von Erotik.“

Vieles davon trifft auch auf den 1959 gedrehten Verboten! zu, der in mancherlei Hinsicht kühnste Film der Uni-Reihe „Mediale Mobilmachung: Hollywood, Exil und Nachkrieg“. Denn was in den bislang gezeigten Filmen fein säuberlich getrennt war, das Melodramatische in Casablanca, die Dokumentaraufnahmen von der Befreiung der Konzentrationslager in Todesmühlen und die Bilder von Trümmern in Filmen wie Die Mörder sind unter uns, das stellt Fuller in Verboten! direkt nebeneinander.

Die ersten Minuten sind freilich ganz Kriegsfilm: Zu den Klängen von Beethovens 5. Sinfonie zeigt Fuller, der selbst als Soldat am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hat, wie die Amerikaner im Frühjahr 1945 eine süddeutsche Kleinstadt einnehmen. Schon da bringt er seine Protagonisten, den GI David (James Best) und die junge Deutsche, Helga (Susan Cummings), das Feuer der Maschinengewehre – „That‘s ours, that‘s yours“ – hörend, zusammen. Nach Kriegsende will er sie, die ihn gerettet hat, heiraten, worauf sie – „I‘m going to marry my little goldmine“ – schon von Anfang an spekuliert hatte. Aber dann entwickelt sie echte Gefühle und schließlich, während der Nürnberger Prozesse, auch die Erkenntnis, dass sie sich zusammen mit ihrem kleinen Bruder von der im Untergrund arbeitenden Werwolf-Organisation lossagen muss.

Fuller, der als Journalist angefangen hatte, und über den Truffaut schrieb: „Er ist kein Halbgebildeter, sondern ein Bildungsloser, er denkt nicht rudimentär, sondern rüde, seine Filme sind nicht einfältig, sondern einfach“, setzt die erschütternden Dokumente ganz gezielt ein, machen sie seine Geschichte – in ihrem fiktiven Zusammenhang – doch sehr viel authentischer. Wie es mit „Hollywood in Deutschland. Fräuleins und GIs im Nachkriegsfilm“ nach neuestem Forschungsstand insgesamt bestellt war, wird Annette Brauerhoch, Professorin an der Uni Paderborn, in ihrem Vortrag darlegen.

Eckhard Haschen

Verboten!, heute, 19.15 Uhr, Metropolis; Vortrag, morgen, 18 Uhr, Hörsaal D im Philosophenturm, Von-Melle-Park 6