Das alte Lied

„Mann trifft Frau“ am Hamburger Schauspielhaus

Von Nat King Cole bis Björk: Ein Theater der Ohrwürmer

Unsere letzte Begegnung, du wirktest viel älter. Dein famous blue raincoat war gerissen an der Schulter“, singt Wiebke Puls Leonard Cohens tragisches Stück, den Mund nah am Mikrofon, erzählend, so wie es sein soll, während Alexander Simon die Tasten seiner Reiseschreibmaschine schlägt. Das ist unterhaltsam und gerade so wehmütig, dass es zum Mitleiden einlädt. Die schwierige Aufgabe für die beiden SchauspielerInnen vom Ensemble des Hamburger Schauspielhauses, diesen Ohrwurm neu aufzulegen, gelingt, ebenso wie ihre Interpretationen von Nat King Coles „Nature boy“ oder „We‘ll be together“ von Sting.

Thematisch zusammengehalten wird diese Hommage an die leichte Muse mit dem Titel Mann trifft Frau, die am Sonntag am Schauspielhaus Premiere hatte, durch nichts weiter als die Liebe. Deren Facetten erzählen die Zwischentexte von Roland Schimmelpfennig in unermüdlichen Variationen: Das erste Treffen im Zug, im Supermarkt, bei gemeinsamen Freunden. Nur: Das Passfoto vom anderen landet mal im ledernen Portemonnaie, mal in „einer Blechdose, die sie als Portemonnaie nutzt.“

Dann der Zeitsprung in die Krise, als der Streit entflammt an der Frage, ob der Regenmantel von damals denn nun blau oder schwarz gewesen sei, oder überhaupt ein Regenmantel. Stets mit leichter Ironie, aber ohne Klamauk können die Ex-Liebenden sogar Schenkelklopfer bringen. Und Wiebke Puls zeigt wirklich Großartiges. Mit wunderbarer Bühnenpräsenz persifliert sie den Björk-typischen Sing-Sang-Schrei, auch Nina-Hagen-mäßige Ausreißer in die höchsten Töne bereiten ihr keine Schwierigkeiten. Mit kraftvoller Stimme präsentiert sie Cathy Barbarians Tschatschatscha-Lernstück „It‘s not bad to have a man around the house“ mit einem Hauch von Marianne Rosenberg im Timbre.

Alexander Simon nähert sich zwar an Ausstrahlung und Präsenz zum Ende hin seiner starken Duettpartnerin an, doch bleibt er stimmlich weniger fest als Wiebke Puls. Während ihre Bewegungen fließen, kultivieren seine eher die Ästhetik eines Topathleten, allerdings weniger mit dem Swing verschmelzend als seine Partnerin. Außer, wenn er trommelt. Sei es, wenn er sich an den Drums verausgabt, sei es, wenn er sanft das Cello schlägt, dessen Saiten Friedrich Pavavicini gleichzeitig zupft. Der, wie seine drei Musikerkollegen Lieven Brunckhorst, Martin Engelbach und Dirk Ritz, swingend, rockend und Tango Argentino spielend auf der Bühne treibt.

Dies vor einer kalt blauen Leinwand, wo Alexander Simon und Wiebke Puls wieder einmal am Anfang angelangt sind, bei der ersten Begegnung, wenn das Eis noch zu brechen ist, „vor dem Supermarkt, im Zug, in der Kinoschlange“ Ganz aufgeregt, ganz verschämt hauchend: „Please don‘t stand so close to me.“ Während das Licht tatsächlich ins wärmere Gelb wechselt und die Musiker nur noch als weiße Schatten auf schwarzen Leinwänden zu sehen sind. Visuell ebenso unterhaltsam wie die Liebeserklärungen in den Unterhaltungsklassikern. Katrin Jäger

weitere Vorstellungen 29.1., 6., 11., + 20.2., 20 Uhr