der letzte winterschlussverkauf
: Das Ende der Feigheit

Zum letzten Mal ist Winterschlussverkauf. Laut heult der Einzelhandel. Ohne Grund, denn jetzt müssen wir alle mutig werden.

Jetzt ist er da, und er wird auf immer von uns gehen: der Winterschlussverkauf. Und das ist nicht schlimm. Denn der WSV stammt aus der Zeit der klassischen Hausfrau – wer sonst steht schon morgens um sieben auf, um sich im Gerangel bei Karstadt, Kaufhof und Konsorten durchzuboxen? Heute, wo Unternehmer nach Flexibilität schreien, flexible Arbeitszeiten und sogar flexible Löhne fordern – da geht es eben auch den Einzelhändlern an den Kragen. Die hängen besonders am WSV, denn er hat alles, was eine bewährte Marke ausmacht: Jeder kennt ihn und jeder weiß, was ihn erwartet.

Viel mehr auch nicht, denn mit der Transparenz für die Verbraucher – die die Marke WSV angeblich schafft – ist es nicht so weit her. Ob da echte Schnäppchen über die Tische gingen oder eigens für den Zweck eingekaufte Ware, wussten sie auch vorher nicht.

Das Rabattgesetz von 2001 hat den Geiz bereits liberalisiert: Feilschen darf man das ganze Jahr. Das macht nur kaum jemand in Deutschland. Denn Feilschen ist uns so fremd, dass es der Reiseführer über Tunesien als Attraktion preist. Und: Der Deutsche ist feige. Wer sich öffentlich mit der Verkäuferin anlegt, kann verlieren. Da heißt es, Argumente haben und hart bleiben. Eine gute Gelegenheit, endlich mal Selbstbewusstsein zu zeigen und in der gaffenden Öffentlichkeit zu sich selbst zu stehen. Das Ende des WSV – es wird uns zu mutigen Menschen machen. DANIELA ENGLERT