zahl der woche
: Kaffeefahrten immer weniger beliebt

Einkaufstrip der Rentner

Wieder droht die lahme Wirtschaft eine Branche in den Abgrund zu stürzen: Der Bundesverband Deutscher Vertriebsfirmen (BDV) hat 2002 bis zu 9 Prozent weniger Kaffeefahrer registriert als im Vorjahr.

Schuld an der Misere ist natürlich der Kanzler. Er soll endlich so Wirtschaftspolitik machen, dass wieder mehr Menschen zu Schleuderpreisen durch die Landschaft schaukeln, um dann in abgelegenen Scheunen überteuerte Magnetdecken zu kaufen. Aber vielleicht hat die Kaffeefahrt einfach nur ein Imageproblem.

Von den über 4 Millionen Busabenteurern im Jahr werden nicht wenige auf der Reise über den Tisch gezogen: Allein in der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gehen jedes Jahr hunderte Beschwerden wegen Kaffeefahrten ein, sagt Jürgen Schröder. Die Tricks sind immer gleich. Gewinne werden nicht überreicht, Reiseziele kurzfristig geändert oder die gekauften Haushaltsgeräte fallen schon vor Ort auseinander.

So wurde im vergangenen Jahr ein Cloppenburger Unternehmer zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt. Er hatte die Kundschaft zur „stimmungsvollen Neujahsfeier mit Sektempfang und Büfett“ geladen. Stattdessen fanden sich die Reisenden in irgendeinem Warenlager wieder, wo sie dem Terror von Besteckverkäufern ausgesetzt waren. Natürlich distanziert sich der BDV voller Abscheu von allen Dunkelmännern der Branche. Verbandschef Mathias Kaiser begrüßt das BGH-Kaffeefahrten-Urteil vom vergangenen Jahr. Danach kann es für nicht eingehaltene Lockangebote zwei Jahre Knast geben. Außerdem gilt für Kaffeefahrten ein besonderes Widerrufsrecht.

Trotz des Einbruchs wird es das „erlebnisorientierte Shopping“, so der Branchenjargon, auch in Zukunft geben. Die Kaffeefahrerbewegung kann nämlich auf Nachwuchs hoffen. Das Durchschnittsalter der Reisenden liegt nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung bei 66 Jahren. Wie man weiß, altern die Deutschen.

Und noch ein Fakt spricht für „Einkaufen mit Erlebnisfaktor“. 85 Prozent der meist älteren Reiseteilnehmer gelten als Stammkunden. An Kaffeefahrten teilzunehmen, könnte demnach als Sucht im Alter gelten. Da kann die Wirtschaft lahmen, wie sie will. MARIUS ZIPPE