Was der Kanzler ändern will

Als Bundeskanzler Gerhard Schröder wenige Stunden vor seiner Regierungserklärung den Koalitionsausschuss informierte, herrschte eine entspannte Atmosphäre beim grünen Koalitionspartner. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe schockte nicht besonders, die Grünen freuten sich über das Investitionsprogramm. Zusätzliche zinsverbilligte Kredite in Höhe von 15 Milliarden Euro für die Modernisierung von Wohnraum und die kommunale Infrastruktur hat Schröder versprochen. Die Kosten für den Bund: rund 1 Milliarde Euro.

Kredite in Höhe von 8 Milliarden Euro soll die öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Sanierung von Immobilien zur Verfügung stellen. Laut Bundesfinanzministerium gibt es bislang keine genauen Kriterien für die Vergabe der Mittel, doch Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) argumentiert, jegliche Modernisierung sei ökologisch. Die Hauseigentümer würden zum Beispiel ihre alte Heizung durch eine neue ersetzen, womit sie erstens die Heizkosten und zweitens den Ausstoß von Kohlendioxid verringern.

Damit die Kreditanstalt für Wiederaufbau 8 Milliarden Euro an billigen Krediten vergeben kann, muss die Bundesregierung Kosten für die Heruntersubventionierung der Zinsen in Höhe von 550 Millionen Euro tragen. Der Zinssatz beträgt dann anfangs nur noch knapp 3 Prozent gegenüber Marktkonditionen von gut 5 Prozent.

Städte und Gemeinden sollen über die KfW außerdem billige Kredite in Höhe von 6 Milliarden Euro erhalten, damit sie ihre marode Infrastruktur renovieren können. Wasser- und Abwasserleitungen, Brücken und Schulgebäude sind oft in einem beklagenswerten Zustand. Diese Hilfe lässt sich der Bund in den kommenden Jahren insgesamt 450 Millionen Euro kosten.

Am Anfang soll der Zins nur 1,4 Prozent betragen. Eine weitere Milliarde Euro soll die Kreditanstalt für nur 0,5 Prozent Zinsen an Kommunen ausreichen, die besonders pleite sind. Die Kritik daran kam prompt: Die Städte seien dermaßen überschuldet, dass sie sich gar keine neuen Kredite mehr leisten dürften, erklärte Klaus Zimmermann, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Deshalb sei ein Programm mit direkten Zuschüssen erforderlich.

Insgesamt, so schätzt die Kreditanstalt, würden durch die neuen Programme bis 280.000 Arbeitsplätze besonders in kleinen und mittleren Baubetrieben gesichert. SPD und Grüne sind gemeinsam der Ansicht, dass die lahmende Konjunktur damit einen wichtigen Impuls bekommt. Nach einer ökonomischen Faustregel könnte das Programm eine Steigerung des Bruttoinlandprodukts um etwa 0,3 Prozent pro Jahr auslösen.

Als Schröder ankündigte, die alten Privilegien des Handwerks einschränken zu wollen, sackte manchem CDU-Abgeordneten das Kinn auf die Tischplatte. Während man heute grundsätzlich einen Meisterbrief braucht, um einen Handwerksbetrieb führen zu dürfen, soll das Gesellen in Zukunft nach zehn Jahren Berufstätigkeit auch ohne die umfangreiche und teure Prüfung erlaubt sein – ein herber Schlag gegen den Einfluss der Handwerkskammern.

Ein weiterer Vorschlag Schröders: Gesellen können den Betrieb leiten, wenn sie einen Meister anstellen. Dabei will freilich auch noch die Handwerkslobby mitreden.          HANNES KOCH