Landwirtschaft: Geld gegen Umweltschutz

Die Bundesregierung will das System der Agrarsubventionen noch dieses Jahr „radikal“ verändern

BERLIN taz ■ Die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast (Grüne), muss jetzt Gas geben. Sechs Monate bleiben noch, um die Agrarbeschlüsse der Europäischen Union (EU) umzusetzen. Gestern hat die Bundesregierung einen ersten Entwurf zur Umsetzung der EU-Agrarreform vorgelegt. Er sieht im Kern vor, dass Bauern innerhalb einer Region nach einer Übergangsphase im Jahr 2012 nur noch eine einheitliche Prämie pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche erhalten. Ob Weizen oder Kühe auf dem Land stehen, spielt dann keine Rolle mehr.

Dieser „Systemwechsel“ trage „dazu bei, Klasse statt Masse zu fördern und damit den Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu entsprechen“, sagte Künast gestern vor der Presse. Insgesamt sollten rund 35 Prozent der insgesamt 5,5 Milliarden Euro Fördergelder umverteilt werden. Bis zum Jahr 2012 sollen die Bauern nach einem Modell, das sich sowohl an Produktionsmenge wie Fläche orientiert, gefördert sowie die Beihilfen an Umwelt- und Tierschutzstandards gekoppelt werden. Und die müssten „natürlich höher liegen als der momentane Schutz, sonst macht das Ganze keinen Sinn“, so Künast.

Die Ministerin sieht keine größeren Hürden bei der Durchsetzung ihrer Ideen. Die Agrarminister der Bundesländer hatten sich Ende November 2003 auf ein neues System der Agrarförderung, insbesondere auf eine flächenbezogene Förderung, geeinigt. Bayern und Sachsen kündigten jedoch damals schon Widerstand an.

Politiker der CDU/CSU-Opposition zeigten sich gestern wenig begeistert von den präsentierten Reformvorschlägen. Weitere Umweltauflagen seien den deutschen Landwirten nicht zuzumuten, so die agrarpolitischen Sprecher der Union. „Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Probleme vieler Betriebe darf es keine weiteren Sonderbelastungen mehr geben.“

Die einzelnen Länder der Europäischen Union haben einen weiten Spielraum bei der Umsetzung der EU-Agrarreform. Hat Deutschland die Reform nicht bis zum 1. August 2004 umgesetzt, tritt allerdings eine EU-Standardregelung in Kraft. Danach bekämen die Bauern eine Prämie als Unterstützung, die sich an den Beihilfen der Jahre 2000 bis 2002 orientiert. So würden aber genau die Betriebe bevorzugt, die auch bisher subventioniert wurden. Eine Umverteilung hin zu ökologischem Landbau fände nicht statt, befürchtet Künast. MICHAEL SITTIG