Fahrgast ärgere dich nicht

Ab Sonntag gilt im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) ein neues Preissystem. Nach Ansicht des Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist es familienfeindlich

KÖLN taz ■ „Tarnen Sie Ihr Kind als Hund!“ rät der Verkehrsclub Deutschland. Denn der „beste Freund des Menschen“ darf ab 1. Februar im gesamten Bereich des Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) umsonst Bus und Bahn fahren – wenn Herrchen oder Frauchen mitfährt. Anders sieht es bei den eigenen Sprösslingen aus: Die so genannte Mitnahmeregelung entfällt. Kinder ab 6 Jahre müssen jetzt in Begleitung eines Erwachsenen den vollen Kindertarif bezahlen. „Familien mit mehreren Kindern werden besonders hart getroffen“, sagt Roland Schüler, Vorstandsmitglied des VCD Köln. Der Verkehrsclub macht eine Beispielrechnung auf: Ein Erwachsener fährt mit zwei Kindern, 7 und elf Jahre, von Köln nach Hürth. Bisher zahlte man mit dem jetzt abgeschafften Streifenticket dafür 1,70 Euro. Im neuen Preissystem kostet die Fahrt 3,90 Euro – eine Preissteigerung von 230 Prozent. Roland Schüler: „Gerade Kinder im Grundschulalter brauchen die Begleitung ihrer Eltern, wenn sie schon mit Bus und Bahn fahren müssen. Das kommt die Eltern künftig teuer zu stehen.“

„Das sind Einzelfälle“, pariert VRS-Sprecherin Kirsten Sander. „Bei der Kritik wird gerne übersehen, dass Kinder mit unserer neuen Regelung zwei Jahre länger kostenlos fahren, nämlich bis sie 5 Jahre alt sind. Und wir haben den günstigen Kindertarif um drei Jahre verlängert. Er gilt jetzt für Jugendliche bis zum Alter von 15.“ Anlass für die Neuerungen sei, dass die Tarife NRW-weit vereinheitlicht werden sollen. „Hunde fahren in anderen Verbünden schon jetzt kostenlos mit, während Kinder in Begleitung Erwachsener extra kosten. Deswegen lag es nahe, hier mit anderen gleich zu ziehen“.

Der VCD hält von diesem Argument nichts. Roland Schüler: „Wenn schon Vereinheitlichung, warum orientiert sich der Verkehrsverbund dann nicht an der familienfreundlichen Lösung der Deutschen Bahn?“ Dort reisen schon seit Dezember vorletzten Jahres Kinder bis zum Alter von 14 kostenlos mit. Der VCD will in den nächsten Monaten auf Landesebene mit Medienaktionen gegen die Neuregelung mobil machen. „Wir haben unlängst schon einmal erlebt, dass ein großes Schienenunternehmen seine Preispolitik ändern musste, weil sie von den Kunden nicht angenommen wurde“, so Schüler. „Hier könnten sich die Dinge ähnlich entwickeln“.

Unterdessen wirbt der VRS weiter für ihre „spielend einfache“ neue Tarifstruktur. Sander: „Wir haben im Jahr 2000 eine Kundenbefragung gemacht und dabei für das Tarifsystem die schlechtesten Noten bekommen. Bisher muss der Kunde immer den genauen Weg wissen, den seine Bahn fährt, und dann anhand von Tarifzonen den Preis ausrechnen. Das wird jetzt besser. Man erkennt schon mit Hilfe der farbig gestalteten Tarifzonen ganz einfach, was der Fahrschein kostet.“ INGRID BÄUMER