Nicht einfach der billige Jakob

Eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung stellt Niedersachsen ein schlechtes Zeugnis für bürgerschaftliches Engagement aus. Grüne mit Offensive für mehr Freiwilligenarbeit

Hannover dpa ■ Nach einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung engagieren sich in Niedersachsen besonders wenige Menschen für soziale Zwecke. Die Quote von nur 31 Prozent sei auf den Mangel an Infrastruktur und Koordination seitens der Landesregierung zurückzuführen, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Brigitte Pothmer. Im Verhältnis zu anderen westdeutschen Flächenländern sei Niedersachsen damit Schlusslicht. Die Grünen kündigten eine Offensive zur Stärkung der Freiwilligenarbeit an. Mit der Kampagne „In guter Gesellschaft“ schlägt die Partei ein Maßnahmenpaket vor, mit dem sich Niedersachsen zum „Musterland für bürgerliches Engagement“ entwickeln soll.

Dazu gehöre die Förderung des Freiwilligen Jahres, für dessen Finanzierung die Grünen die Umschichtung der bisherigen Mittel für Zivildienststellen fordern. Ziel sei es, parallel zur möglichen Abschaffung des Zivildienstes bis 2010 die Zahl der Stellen für freiwillige Jahre zu verzehnfachen, sagte Pothmer. Derzeit stünden den landesweit 13.846 Zivildienststellen nur etwa 1.000 Stellen für Freiwillige gegenüber. Die Nachfrage für ein soziales, ökologisches oder soziales Jahr übersteige jedoch das Platzangebot um ein Vielfaches.

Von der Landesregierung fordert Pothmer neben der Einrichtung einer zentralen Stabsstelle für die Koordinierung landesweiter Initiativen auch so genannte „Zeitspenden“. Dabei sollen etwa die Bediensteten, die im Zuge der Verwaltungsreform keine Aufgaben mehr haben, für freiwillige soziale Tätigkeiten freigestellt werden.

Schließlich müsse bürgerschaftlichem Engagement ein höherer Wert beigemessen werden: „Es ist nicht einfach der billige Jakob des Sozialstaates“, sagte Pothmer. Ein Pflichtjahr lehnt die Landesvorsitzende strikt ab: Es sei zynisch, zunächst den Zivildienst abzuschaffen und dann ein Pflichtjahr einzuführen.