Typisch Rostock

Der Zweitligist entlässt Trainer Frank Pagelsdorf. Assistent Juri Schlünz muss wieder mal den Interimscoach geben

ROSTOCK taz ■ Frank Pagelsdorf wirkte gefasst. Mit ernster Miene stand er eine halbe Stunde vor der offiziellen Verkündigung seiner Entlassung im Presseraum der Rostocker DKB-Arena und beantwortete die letzten Fragen als Cheftrainer des FC Hansa. „Der Verein ist und wird immer etwas Besonderes für mich bleiben“, sagte Pagelsdorf, noch bevor Vorstand Dirk Grabow und Manager Herbert Maronn das Wort übernahmen und das schlechte sportliche Abschneiden als Grund für die Trennung angaben. „Wir sind absolut nicht zufrieden.“, sagte Grabow zerknirscht.

Nach dem 2:2 (2:0) am Sonntag gegen den VfL Osnabrück und dem vierten sieglosen Spiel hintereinander verabschiedete sich Pagelsdorf in weiser Voraussicht mit Tränen in den Augen vor der Fankurve. Von 29 Punktspielen in diesem Jahr gewann Hansa sechs. Der Klub liegt auf Platz zwölf.

Zweimal hatte Pagelsdorf, 50, die Rostocker in die erste Bundesliga geführt. Nun ist das Denkmal gefallen. Die zweite Amtszeit dauerte drei Jahre und drei Monate. Er war der letzte Trainer der drei Bundesligaabsteiger, der weichen musste. Zuletzt hatte am Sonntagabend der MSV Duisburg Trainer Rudi Bommer beurlaubt. Seit Wochen sah sich Pagelsdorf mit Vorwürfen zu taktischen Fehlern und schlechten Transfers konfrontiert. Selbst die installierten Mentaltrainer konnten die in Grüppchen zersplitterte Mannschaft nicht stabilisieren. Dass die Pleitenserie dem viel umjubelten 9:0-Rekordsieg über Greuther Fürth folgte, unterstreicht, dass Pagelsdorf das Einfühlungsvermögen gegenüber der Mannschaft abhandengekommen war.

Dass sich nach dem Rausschmiss nichts Grundlegendes beim FC Hansa ändern wird, liegt in der Tradition des Vereins, die Außenwelt fern und den Klüngel aufrechtzuerhalten. Stefan Beinlich, der im Sommer seine Karriere in Rostock beendet hatte, versuchte Verantwortung zu übernehmen. „Nach dem Abstieg hätte es einen Neuanfang auf allen Ebenen geben müssen. Hansa hat sich seit sechs Jahren nicht weiterentwickelt“, sagte er. Beinlichs Bemühungen scheiterten an der bestehenden Machtverteilung . Schon früher vermied Hansa jeglichen Fremdeinfluss. 1999 durfte Co-Trainer Andreas Zachhuber ein Jahr lang seine fehlenden Trainerqualitäten nachweisen. 2003 gab Dauer-Co und Ab-und-zu-Interimstrainer Juri Schlünz sein Können zum Besten, bis der Abstieg aus der Bundesliga nach zehn Jahren nicht mehr zu verhindern war. Dass das Erinnerungsvermögen der Hansaverantwortlichen Lücken aufweisen muss, zeigt der Umstand, dass die mittlerweile im Vorstand sitzende Spieler-Ikone Schlünz erneut zum Übergangstrainer bestimmt wurde. Laut Grabow ist Juri Schlünz schließlich „durch und durch Hanseat.“

Bald jedoch wird Hansa einen neuen Trainer präsentieren. Viel zu oft fiel der Name Thomas Doll. Den bezeichnet Grabow als „einen sehr guten Mann mit einem bekannten Namen“. Warum es für Doll klappen könnte? Er wurde im Örtchen Malchin in Mecklenburg-Vorpommern, 56 Kilometer von Rostock entfernt, geboren und spielte von 1983 bis 1986 bei Hansa.

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