CDU in Bombenstimmung

Berliner Christdemokraten halten einen Angriff auf Irak auch ohne UN-Beschluss für völkerrechtlich gedeckt. Dem Prokriegskurs von Merkel widerspricht nur der Kreuzberger Abgeordnete Kurt Wansner

von STEFAN ALBERTI
und INA KÖHLER

„Ich bin kein Völkerrechtler.“ Es war der meistgehörte Satz bei CDU-Landesparlamentariern, wenn man gestern nach ihrer Haltung zu einem Angriff auf den Irak fragte. CDU-Präsidiumsmitglied Peter Müller hatte tags zuvor eine Attacke ohne UN-Mandat als völkerrechtswidrig bezeichnet. Von den befragten Landes-CDUlern teilte allein der als konservativ eingeschätzte Kreuzberger Kurt Wansner Müllers Kritik: „Krieg ist heute durch nichts mehr zu rechtfertigen.“

Andere, wie der als liberal geltende Neuköllner Alexander Kaczmarek, widersprachen Müller und stellten sich hinter Bundeschefin Angela Merkel. Sie hatte angekündigt, den US-Kriegskurs auch in letzter Konsequenz zu unterstützen. Für „völlig gerechtfertigt“ hält Kaczmarek einen Angriff. „Mit Bitten erreicht man bei Diktatoren nichts.“

Auch der innerparteilich oft weit von ihm entfernte Fraktionsvize Kai Wegner aus Spandau, Landeschef der Jungen Union (JU), stützte Merkel – der Müller rudere doch schon wieder zurück. Zu einer für gestern von JU-Mitgliedern angekündigten Demonstration vor der irakischen Botschaft sagte Wegner: „Ich frage mich, warum die Friedensdemonstranten nicht auch dort protestiert haben. Denn wenn jemand den Krieg hätte vermeiden können, dann Saddam Hussein.“

Mehrfach verwiesen Abgeordnete wie Parteisprecher Matthias Wambach auf fehlende Fachkenntnis und die Bundesebene. „Ich bin stadtentwicklungspolitischer Sprecher und kein Außenpolitiker“, sagte Anwalt Karl-Georg Wellmann. Er unterstütze aber den Merkel-Kurs und verweise zum Völkerrecht auf eine Aussage von Otto Schily: „Das ist eine politische Angelegenheit, die politisch zu lösen ist.“

CDU-Landeschef Christoph Stölzl wollte sich vor Ablauf des Ultimatums nicht festlegen, ob er einen Angriff befürwortet, weil er noch auf einen anderen Ausgang hoffe. Der Pankower Andreas Apelt redete zwar nicht von einem Bruch des Völkerrechts. „Meine Angst ist aber, dass die UNO jetzt in der Bedeutungslosigkeit versinkt.“

René Stadtkewitz, Abgeordneter und Pankower CDU-Kreischef, sprach von einem unguten Gefühl, das man aber auch haben müsse angesichts des Krieges. „Ich muss mich darauf verlassen, dass die Leute in der Bundestagsfraktion, die mehr Informationen haben, richtig entscheiden. Da muss ich Vertrauen haben.“