Gesinnungscheck für Schurkenstaatler

AusländerInnen aus „Problemstaaten“ werden in Bayern nach US-Vorbild gecheckt. Wer nicht antwortet, fliegt raus

NÜRNBERG taz ■ In Bayern müssen sich seit September letzten Jahres alle Personen aus so genannten Problemstaaten einer Befragung unterziehen, die der „Klärung von Sicherheitsbedenken“ dienen soll. Der Test ist für alle vorgeschrieben, die einen Aufenthalt beantragen oder verlängern, ohne dass ein konkreter Verdacht vorliegen muss. Die Liste der „Problemstaaten“ und der Fragebögen selbst: geheime Verschlusssache.

Das bayerische Innenministerium beruft sich auf die „Sicherheitspakete“ der Bundesregierung, die erlauben, Ausländer wegen terroristischer Verbindungen auszuweisen. Der bayerische Fragebogen umfasst 15 Seiten und soll ermitteln, ob „der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet“ oder Verbindungen zum internationalen Terrorismus unterhält. Nicht alle sind der Meinung, dass das durch die Sicherheitsgesetze gedeckt ist: So meint Elisabeth Köhler, migrationspolitische Sprecherin der bayerischen Grünen: „Dort steht nicht, dass alle Ausländerinnen und Ausländer aus bestimmten Staaten in einem Fragebogen zu befragen sind.“

Etwa 5 bis 8 Prozent der in Bayern lebenden Nichtdeutschen sind betroffen, vorwiegend aus dem Nahen Osten und muslimischen Glaubens. Für sie steht viel auf dem Spiel, falsche oder unvollständige Angaben können die Ausweisung bedeuten.

Die Fragebögen selbst werden geheim gehalten. Ob man Personen kenne, die einer der aufgelisteten, als terroristisch eingestuften Organisationen nahe stehe, so eine Frage. „Möchten Sie Kontakt zu Sicherheitsbehörden (Polizei, Verfassungsschutz) aufnehmen?“, lautet eine andere, an die sich ein Betroffener noch besonders gut erinnert und die bei ihm Ratlosigkeit und Angst hinterließ: „Wenn du Nein sagst, wird es Folgen haben, und egal wie du antwortest, es kann negativ ausgelegt werden.“ Als schwer verständlich oder gar doppeldeutig werden die Fragen ohnehin empfunden. Kein Problem, meint der Leiter des Nürnberger Ausländeramtes Christian Trzewik: „Es sind versierte Mitarbeiter dabei. Wer Zweifel hat, kann nachfragen.“ Die Realität sieht anders aus, schildern Befragte: „Bei einer Frage nach der Mitgliedschaft in Vereinigungen wurde mir gesagt, das wäre so etwas wie eine Partei. Und wenn ich mehr schreibe, wäre es besser als weniger.“ Die Auswertung liegt bei den Ausländerämtern – deren MitarbeiterInnen schon mal das Wort „Schurkenstaat“ rausrutscht.

Klammheimlich musste das bayerische Innenministerium eine Frage nach der Religionszugehörigkeit in der Versenkung verschwinden lassen. Auf eine Anfrage der Grünen im Landtag, ob sie Teil des Fragenkatalogs sei, hatte Beckstein zunächst schriftlich und knapp beschieden: „Nein.“ Doch wenige Wochen später wies seine Behörde das Ausländeramt in Augsburg an, die Frage zu streichen. Nach der Religion zu fragen, ist rechtlich umstritten. Der Nürnberger Rechtsanwalt Wolfram Steckbeck, der zahlreiche MigrantInnen vertritt, hält die Befragungen insgesamt für „eine Form der politischen Verfolgung“. Schließlich „werde jemand verdächtigt, nur weil er aus einem bestimmten Land kommt oder einer bestimmten Religion angehört“.

Unklar ist noch, was mit den gesammelten Daten geschieht. Das Innenministerium bestätigt bisher nur, dass die ausgefüllten Fragebögen dem Landeskriminalamt und Verfassungsschutz vorgelegt werden können.

Ob sich schon jemand geweigert hat, den Fragebogen auszufüllen? Darüber liegen ihm keine Erkenntnisse vor, so Becksteins Pressesprecher Michael Ziegler. Ratsam ist es kaum. Denn, so Ziegler weiter: „Wer nicht mitmacht, bekommt natürlich auch keine Aufenthaltserlaubnis, das ist sonnenklar.“ MAIKE DIMAR