Trittin: Versprochen ist versprochen

Industrie soll bis 2010 insgesamt 7,5 Prozent weniger CO2 ausstoßen: Dazu hat sie sich verpflichtet. Jetzt protestiert sie

BERLIN taz ■ Nun steht es fest: Um 7,5 Prozent soll die deutsche Industrie ihre Kohlendioxid-Emissionen zwischen 2005 und 2010 senken. Diese Vorgabe will das Bundesumweltministerium (BMU) den 2.670 deutschen Unternehmen machen, die ab kommendem Jahr am europaweiten Handel mit Kohlendioxid-Emissionen teilnehmen müssen. Berechnet habe man die Zahl auf Grundlage der freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie, bis 2010 insgesamt 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) gegenüber 1998 einzusparen, erklärte gestern das BMU.

Die Wirtschaft aber ist empört über die Zahl. Eine solche Verteilung der nationalen CO2-Emissionen sei „für die Wirtschaft völlig indiskutabel“, protestierte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski. Außerdem habe man vereinbart, diesen so genannten Nationalen Allokationsplan (NAP) miteinander abzustimmen. Für den BDI ist die gesamte Rechnung nicht nachvollziehbar. Sie ginge weit über die Selbstverpflichtung hinaus, so ein Sprecher.

Das BMU wollte offensichtlich schnell handeln, denn die Zeit wird knapp. In zwei Monaten, am 31. März, muss Deutschland den NAP für die Zeit zwischen 2005 und 2012 nach Brüssel schicken. Bis Ende März ist aber nur noch ein Treffen mit der Industrie (am 12. Februar) vorgesehen; die aber hat noch lange keine abgestimmte Meinung zum NAP. Auch das Kabinett muss sich noch einigen, welchen Beitrag denn nun Industrie und Energiewirtschaft, Verkehr oder private Haushalte am nationalen CO2-Reduktionsziel leisten müssen. Das sieht vor, die bundesdeutschen Treibhausgas-Emissionen bis 2010 um 21 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Dafür fehlen nach Angaben des Umweltbundesamts noch etwa 1,3 Prozentpunkte.

Um beim NAP nun einen Schritt voranzukommen, nimmt Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) die Industrie beim Wort und legt fest, dass die Selbstverpflichtung der Industrie zum Klimaschutz als Minderungsziel für diesen Sektor gelten soll. Hinzugezogen wurden die jüngst erhobenen Emissionen zwischen 2000 und 2002 der am CO2-Handel beteiligten Unternehmen. Ergebnis: Um 1,5 Prozent muss jede Anlage ihren CO2-Ausstoß bis jährlich mindern. Oder eben um 7,5 Prozent in fünf Jahren.

Bei dieser Rechnung ist das BMU der Industrie nach eigenen Angaben schon entgegengekommen. Zwischen 2008 und 2012 werden den Energiekonzernen jährlich 7 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich zuerkannt. So sollen die Energieversorger die Stromproduktion der sechs Atomkraftwerke, die dann vom Netz gehen, durch fossile Brennstoffe ersetzen können.

Auch will das BMU – wie von der Industrie gefordert – bereits erbrachte, freiwillige Maßnahmen zur CO2-Minderung gutschreiben. 10 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr werden zwischen allen Antragsstellern aufgeteilt. Der Kuchen aber bleibt gleich groß: Verteilt werden erst einmal Zertifikate für 488 Millionen Tonnen. Basta.

Doch das Gezerre um die Emissionen geht weiter. Vorsichtshalber hat das BMU schon angekündigt, dass es den NAP nur unter Vorbehalt nach Brüssel melden werde – denn auch der Bundestag muss dem Plan noch zustimmen.

KATRIN EVERS