Sentimentales

Doppelschlag in der Freiheit: Aqualung näselte leise, Altheld David Gray schwärmte von Verlustängsten

Eigentlich ein pfiffiger Schachzug: Der britische Songwriter David Gray, viel gelobt, aber stets etwas verschmäht als graue Maus des britischen Pop, lässt sein Konzert am Mittwoch in der Großen Freiheit von dem blutjungen Kritikerliebling Matt Hales, alias Aqualung, eröffnen. 30 Minuten hat dieser Zeit, um sein feines Debütalbum zu inszenieren. Hales sitzt mit seiner schmucklosen Hornbrille am Bühnenrand hinter einem kleinen Keyboard und näselt seine ruhigen Songs, neigt den Kopf, kippt beim Singen immer wieder ins Falsett.

Danach David Gray. „Dead In The Water“ eröffnet sein Set, ein düsterer Song. Weitere Lieder von A New Day At Midnight folgen, seinem neuen Album, dem Nachfolger des Multi-Platin-Sellers White Ladder, das dem ruhigen Briten vor vier Jahren einen späten großen Durchbruch bescherte. Gekleidet in ein scheußliches, steingrau gestreiftes Hemd steht David Gray am Mikro, meist mit seiner Akustikgitarre und wackelt beim Singen wie der Heckablagen-Dackel unablässig mit dem Kopf hin und her. Gut geschrieben sind seine sentimentalen Schwärmereien, solides Handwerk über Verlustängste und Lebenssorgen, die jedoch nicht immer mitreißen.

Spielt er Songs von seinen großen Erfolg White Ladder, schreit das Publikum begeistert auf. Erstaunlich rockig spielt seine vierköpfige Band dazu, von den elektronischen Spielereien seiner Alben gibt es live wenig zu hören. Dafür Ruhiges: Fast schüchtern nimmt er am Piano Platz für die aktuelle Single „The Other Side“. Trotzig guckt er, als wollte er sagen: „Hey, ich habe diesen hymnischen Songwriter-Pop eigentlich erfunden.“ Nur, dass Bands wie Coldplay den Ruhm einfingen. Doch liegt ihm sein Publikum zu Füßen, wenn er herzergreifend leidet in „My Oh My“: „What on earth is going on in my heart?“ Volker Peschel