Bremer protestieren gegen Krieg

Viele sind schockiert. Zweimal trafen sich gestern KriegsgegnerInnen auf dem Bremer Marktplatz: Mittags demonstrierten tausende Schüler und Schülerinnen, abends noch einmal 2.500 Menschen auf der Kundgebung von DGB und Friedensforum

taz ■ Bremerinnen und Bremer haben gestern gegen den Angriff der USA und Großbritanniens auf den Irak protestiert. Zu Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Krieg hatten unter anderem SchülerInnenvertretungen, Gewerkschaften, Kirchen und Friedensorganisationen sowie die PDS, die Grünen und die Jusos aufgerufen. Um 18 Uhr war in der ganzen Stadt ein Mahnläuten der Bremer Kirchen zu hören. Zur selben Zeit trafen sich nach Polizeischätzungen 2.500 Menschen auf dem Marktplatz zu einer Kundgebung.

Der Protest am „Tag X“ begann jedoch in den Schulen. Der reguläre Unterricht fiel in fast ganz Bremen mit Einverständnis der Schulleitungen aus. Stattdessen wurden die Schüler und Schülerinnen in den ersten beiden Schulstunden auf Vollversammlungen über den Kriegsbeginn informiert. Anschließend zogen die Schüler und Schülerinnen in einem Sternmarsch zum Marktplatz, wo sie sich um 12 Uhr zu einer Kundgebung trafen.

10.000 bis 13.000 hätten sich an der Aktion beteiligt, sagte die Sprecherin der GesamtschülerInnenvertretung (GSV), Lea Voigt. Nach Schätzungen der Polizei drängten sich rund 5.000 Kinder und Jugendliche auf dem Marktplatz und dem Domshof. Die Demo sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Auf Nachfrage der taz räumte er ein, dass es im Anschluss an die Demo vor dem DGB-Haus am Bahnhof zu einer Auseinandersetzung mit Demonstranten – darunter auch Erwachsenen – gekommen sei, weil diese die Straßenbahnschienen blockierten. Die Räumung durch die Polizei sei unverhältnismäßig brutal gewesen, beklagte sich GSV-Sprecherin Lea Voigt.

Die Schüler und Schülerinnen hatten ihre Demo gründlich vorbereitet. „Der Irak ist kein Rums-Feld“ ist auf einem Plakat zu lesen. Eine Fünftklässlerin hat sich „Krieg ist keine Lösung“ auf ihr T-Shirt gemalt. „Aus unserer Klasse sind alle gekommen, so ein Krieg ist doch niemand egal“, sagt die zwölfjährige Aina.

Zusammen mit den anderen Mädchen aus ihrer Klasse von der Gesamtschule Mitte steht sie in der Menschenmenge und versucht zu verstehen, was die Sprecher der Schülervertretung und von „Jugend gegen den Krieg“ sagen. „Kein Krieg, auch nicht mit UN-Mandat“ und „Menschen dürfen nicht wegen Profitinteressen der Großmächte sterben“ tönt es über den Lautsprecher.

Auch die Fünftklässlerinnen sind gegen den Krieg. Die elfjährige Nicola hofft, dass Bush sich das mit dem Krieg noch mal überlegt. „Aber ich glaube, den interessiert das nicht mehr.“ Ihre Eltern haben ihnen die Teilnahme an der Demo erlaubt. „Was soll uns denn passieren?“, fragt Bianca (10). „Die Autos müssen ja eh alle stehen bleiben.“ Nur „ein bisschen Schiss“ haben sie schon vor Terroranschlägen, sagt Nicola. „Aber wir reden ja auch in der Schule darüber.“

„Wir sind eher sauer als ängstlich“, sagt die 18-jährige Maxie Merke, stellvertretende SchülerInnensprecherin von der FOS Huchting. Sie hofft, dass sich andere Menschen von ihrem Protest anstecken lassen. Die SchülerInnen-Demo sei nur ein Anfang.

Auch Innensenator Kuno Böse (CDU) rechnet für die nächsten Tage mit weiteren Demonstrationen. Die Polizei schütze friedliche Demonstrationen, aber schreite „bei Straftaten konsequent ein“, so Böse. Die „Kräftelage“ der Polizei bezeichnete er als „äußerst angespannt“, da diese wegen theoretisch möglicher Terroranschläge in Bremen verstärkt Streife fahren würde. Böse: „Konkrete Hinweise liegen derzeit aber nicht vor.“

Eiken Bruhn