Nie wieder luftlos

Der legendäre Schwalbe Marathon wurde um eine Plus-Variante ergänzt. Dem neuen Reifen rollt der Ruf voraus, er sei nur unter Einsatz massiver Gewalt platt zu kriegen

Bereits die klassische Variante des Schwalbe Marathon galt als „unkaputtbar“. Mit dem Marathon Plus ist nun eine „unplattbare“ Version hinzugekommen. Das neue Schutzsystem heißt smartguard und wird als Wunder angepriesen, sozusagen als die ultimative Wunderwaffe gegen Glasscherben, Granulat und Nägeln. Ein Selbstversuch zeigte tatsächlich: Selbst Heftzwecken haben keine Chance, die etwa fünf Millimeter dicke Schutzschicht des Reifens zu durchdringen. In Tests des Unternehmens soll es erst mittels extremer Krafteinwirkung gelungen sein, den Schutzschild zu zerstören.

Besonders heimtückisch für Reifen sind die eingefahrenen, scharfkantigen Fremdkörper, die immer wieder überrollt werden und sich so nach und nach durchs Material bohren – auch durch Reifen mit klassischem Pannenschutz aus Kevlar, mit dem beispielsweise der Marathon XR ausgestattet ist. Mit der neuen smartguard-Technik könnte das Flicken aber der Vergangenheit anzugehören. Bohlens „unplattbarer“ Reifen stößt Fremdkörper aufgrund seiner hohen Rückprall-Elastizität einfach zurück. Einzig Beschädigungen der Reifenflanke kann auch der Marathon-Plus nichts entgegensetzen. Solche Beschädigungen treten in der Praxis jedoch äußerst selten auf und sind allenfalls für Mountainbiker, abseits von Wegen, sowie für Reiseradler in unwegsamen Gegenden ein Thema.

Zusammen mit dem normalen Reifenprofil bringt es der Schwalbe Marathon Plus auf eine Dicke von fast einem Zentimeter. „Einfach einen dicken Pannenschutz herzustellen ist an sich noch nicht außergewöhnlich. Das können andere Hersteller auch“, sagt Techniker Markus Hachmeyer von der Firma Bohle. „Das Revolutionäre des neuen Pannenschutzes sind seine enorm rückfedernden Eigenschaften. Dadurch wird im Gegensatz zu herkömmlichen Pannenschutzeinlagen der Rollwiderstand des Reifens praktisch nicht verändert.“ Das rund 200 Gramm höhere Mehrgewicht des Marathon Plus wirkt sich im Alltag praktisch nicht aus. Im Praxistest waren keinerlei Veränderungen der Fahreigenschaften gegenüber herkömmlichen Reifen zu spüren.

Derzeit ist der Pannenschutzreifen, der serienmäßig mit Reflexstreifen ausgerüstet ist, nur in 26 und 28 Zoll zu erhalten. Zum Herbst sollen aber auch 16- und 20-Zoll-Reifen verfügbar sein. „Das wird insbesondere die Falt- und Liegefahrradfahrer freuen“, so Bohle-Firmensprecherin Doris Klytta. Die Idee eines unplattbaren Fahrradreifens ist nicht neu. Bereits vor Jahren hat der Niederländer Hans von Apeldoorn mit dem Dutch Perfect einen Reifen auf den Markt gebracht, der ebenfalls als absolut pannensicher gilt. Im Gegensatz zu dem neuen Schwalbe-Produkt, das nach Aussage von Fahrradhändlern zurzeit über den Ladentisch geht wie warme Semmeln, konnte sich der Dutch Perfect am hiesigen Markt jedoch nie durchsetzen.

Auch die Firma Continental hat seit längerem ein ähnliches Produkt im Programm. Dieses wurde jedoch als so genannter Industriereifen nur auf größeren Werksgeländen eingesetzt, um die Reifen der Firmenfahrräder vor Metallspänen und Ähnlichem zu schützen. Continental hat aber die Zeichen der Zeit erkannt. Nach Aussage von Helmut Ernst, Unit Manager, werde der Hersteller spätestens im Mai mit einem dem Schwalbe Marathon Plus gleichartigen Reifen am Markt vertreten sein.

WOLFGANG A. LEIDIGKEIT