Unterwegs mit Wackelfrosch

„riese und müller“ hat was ganz Kleines in die Welt gesetzt. „Frog“ heißt der Winzling. Ein Faltrad für – ja, für wen denn eigentlich? Bericht von einer Testfahrt mit Risiken und Nebenwirkungen

von WOLFGANG A. LEIDIGKEIT

Birgit Henß war es leid. Auf ihrem täglichen Arbeitsweg von Bad Segeberg ins 30 Kilometer entfernte Lübeck musste sie sich regelmäßig durch ellenlange Staus quälen. Den Ortseingang der Hansestadt erlebte sie als quälendes Nadelöhr. Das änderte sich erst, nachdem sich die sportliche Agraringenieurin ein Faltfahrrad zulegte.

Nun parkt sie ihr Auto am Ortseingang von Lübeck, holt ihr auf die Größe eines kleinen Koffers gefaltetes Fahrrad aus dem Kofferraum und fährt die restlichen 15 Kilometer zu ihrer auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt gelegenen Arbeitsstelle – fröhlich und entspannt an allen Staus vorbei.

Auf Menschen wie Birgit Henß ist der Fahrradhersteller „riese und müller“ scharf. Sie gehören zur Zielgruppe seiner neuesten Kreation, des Faltrads Frog. Dass sich die Darmstädter Tüftler auf den Bau von modernen Falträdern verstehen, haben sie mit ihrem Birdy bewiesen, das mittlerweile als Modell der Extraklasse gilt. Doch ob sich Birgit Henß, die viel und regelmäßig Faltrad fährt, von einem Frosch entzücken lässt, darf bezweifelt werden.

Immerhin hat es „riese und müller“ geschafft, das Packvolumen des Birdy um die Hälfte zu reduzieren. Doch das hat seinen Preis. Insbesondere die nur 12 Zoll großen Laufräder des Frog, die an die Räder eines Kinderrollers erinnern, tragen überhaupt nicht zu Fahrstabilität und Alltagstauglichkeit bei.

Es gibt wohl kaum ein anderes Faltfahrrad, das ähnlich nervös auf Fahrbewegungen reagiert wie das Frog. Spötter würden vermutlich von wackelig sprechen. Und so wagen es denn selbst erfahrene Faltfahrradfahrer erst nach einigem Üben, eine Hand vom Lenker zu nehmen, um eine Richtungsänderung anzuzeigen. Die Aussage des Herstellers, dass man sich auf seinem Frog „fast wie auf einem großen Tourenrad“ fühlen würde, entspricht wohl eher dem Wunschdenken von Werbestrategen.

Dabei ist das Fahrrad angesichts guter Übersetzung schnell und kann in diesem Punkt mit großen Alltagsfahrrädern mithalten. Dank guter Ausstattung und Vollfederung sollte eigentlich ein Gefühl von Komfort aufkommen, was auch, mal abgesehen von der ungeheuren Agilität, so lange gilt, wie das Fahrrad auf ebenem Belag wie Asphalt gefahren wird.

Aber bereits die Abkürzung über eine Wiese oder einen durch Regen leicht aufgeweichten, ungepflasterten Weg kann zur Tortur werden. Nur die ganz sportlichen Typen dürften hier nicht vom Frog steigen. Wer sich zu dieser Gattung nicht zählt und Ausflüge auch abseits von gut befestigten Straßen plant, sollte zu einem anderen Faltfahrrad greifen.

Wenig überzeugen konnten auch einige andere Eigenschaften des mintgrünen Hinguckers. So passierte es beispielsweise gleich mehreren Testpersonen, dass beim Faltvorgang gelegentlich die Kette vom Kettenblatt fiel und nur mit dem Ergebnis schmutziger Hände wieder montiert werden konnte.

Wer das Fahrrad entsprechend der Betriebsanleitung faltet, sollte einen Wasserhahn in seiner Nähe haben. Denn schmutzige Finger lassen sich leider nur unter glücklichen Umständen vermeiden. Das erklärt vielleicht, warum das Fahrrad auf dem Werbefoto des Herstellers spektakulär durch ein Wasserbecken kutschiert wird.

Ungewöhnlich für ein fabrikneues Faltfahrrad ist auch, dass uns nach noch nicht einmal 50 Kilometern Testfahrt ein penetrantes Piepsgeräusch begleitete, dessen Ursache nicht zu ermitteln war. So hatte sich zu dem Frosch noch ein munteres Vögelchen gesellt. Aber auch der Kettenstrebenschutz des Frog bereitete Kummer. Das aufgeklebte Teil fiel bereits nach dem vierten Faltvorgang ab und wäre nur unter Einsatz von Kleber wieder zu befestigen gewesen.

Ausgestattet mit einer 3-Gang-Schaltung der Firma SRAM kostet das Frog in der Grundausstattung 1.111 Euro. Gepäckträger und Schutzhülle gibt’s gegen Aufpreis. Für knapp 70 Euro mehr erhält man jedoch schon das wesentlich ausgereiftere und mit einer 8-Gang-Nabenschaltung von Shimano ausgestattete Faltfahrrad „Birdy red“ des gleichen Herstellers. Gute Faltfahrräder anderer Produzenten sind sogar noch um mehrere hundert Euro günstiger zu erstehen.

Insgesamt dürfte das Frog für Pendler, die täglich umsteigen wollen, wenig geeignet sein. Aber vielleicht sind Sportwagenfahrer begeistert, die das kleine Paket zusammen mit der Golftasche hin und wieder mal spazieren fahren möchten.