Der Mann mit den zwei Gehirnen

Der US-Komiker Steve Martin macht gerne Witze. Nun muss er die unkomischste Oscar-Gala aller Zeiten moderieren

Ob es Steve Martin derzeit gut hat, ist nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Er hat es jedenfalls nicht unbedingt schlecht: Immerhin steht sein neuestes Werk „Bringing Down The House“ in den amerikanischen Kinocharts derzeit auf Platz eins – und dann darf er für den Film, in seiner Rolle als Moderator der diesjährigen Oscar-Verleihung, auch noch Werbung machen.

Andererseits: Die diesjährige Oscar-Verleihung dürfte die wohl unkomischste in deren 75-jähriger Geschichte werden. Dort ist Steve Martin am Sonntagabend nun zum zweiten Mal in der Rolle des Gastgebers zu sehen, nachdem er bereits 2001 durch die Veranstaltung führte. Damals erwartete man Witze über Russell Crowe und Penelope Cruz. Dieses Mal stehen Steve Martin jedoch ganz andere Herausforderungen bevor: Schließlich wird es eine Oscar-Verleihung ohne roten Teppich sein, ohne Glamour und ohne Will Smith. Auch Aki Kaurismäki, dessen „The Man Without Past“ als bester ausländischer Film nominiert ist, hat seine Teilnahme bereits abgesagt, während Meryl Streep in dieser Angelegenheit noch überlegt.

Anderen wurde diese Entscheidung schon im Vorfeld abgenommen: Weil sie durch kriegskritische Äußerungen auffällig geworden waren, lud man sie lieber nicht ein. Da auf diese Weise potenziell wehrkraftzersetzenden Umtrieben auf höchst undemokratische Weise Einhalt geboten wurde, ist es immerhin positiv zu werten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung zumindest noch von den Kriegsbefürwortern in Anspruch genommen werden kann: Der Stylist der feschen Halle Berry ließ jedenfalls verlautbaren, dass diese in einem Kleid auftreten werde, das die kämpfenden Truppen in entscheidender Weise inspirieren solle.

Da solche Pointen nun gewissermaßen offen ausliegen, wird es wohl Martins nobelste Herausforderung sein, sie wie Fettnäpfe weise zu umgehen. Natürlich erhofft man sich von ihm einen gewissen Witz. Doch zu witzig sollte er lieber nicht sein: Er sollte den Ernst der Lage treffen, nicht ins Respektlose neigen und keine patriotischen Gefühle verletzen. Er sollte allerdings auch Nichtamerikanern zu erkennen geben, dass Hollywood nicht mit der Bush-Administration identisch ist. Er sollte also Distanz wahren, aber keine zu große Distanz, die dann wiederum die Distanzlosen empört.

Steve Martin sagte einmal, dass Comedy die Kunst sei, Leute zum Lachen zu bringen, ohne dass sie sich übergeben. Am Sonntagabend wird sich zeigen, ob er sich auf diese Kunst versteht. Denn welche wie auch immer gearteten Anspielungen er auf den Krieg machen wird, irgendwem wird es immer aufstoßen – ob nun in den USA oder im Rest der Welt.

Um sich für diese Herausforderung warm zu laufen, hat sich Martin, der als Liberaler gilt, kürzlich mit einem Text im aktuellen New Yorker geäußert. Darin gab er zu bedenken, dass es besser sei, keinen Krieg zu führen: Lieber sollten sich Bush Jr. und Hussein beide den Film „Singing In The Rain“ anschauen, dann würden sie sich besser verstehen. Man könne Hussein auch nach Hollywood holen, wo er sich mit Kritikern auseinander setzen kann, die seinen Witz nicht verstehen.

Wahrscheinlich wird es besser sein, wenn Steve Martin solche Witze am Sonntagabend weiträumig umgeht. HARALD PETERS