nebensachen aus bangkok
: Erbauung auf Staatskosten

Die von den Auswirkungen der Vogelgrippe arg gebeutelte thailändische Regierung hatte vor der großen Krise doch glatt eine kreative Idee: Mehrere zehntausend Beamte sollen ab diesem Jahr eine kleine Auszeit nehmen und buddhistische Crash-Kurse absolvieren. Damit könne jeder „seinen Geist stärken und die Konzentration verbessern“, hieß es wörtlich nach der Kabinettssitzung vom 20. Januar.

Dass man bei buddhistischer Erbauung Nachholbedarf sieht, ist zunächst mal positiv. Doch wer von den rund 300.000 Regierungsangestellten glaubt, er könne während seiner vom Staat finanzierten klösterlichen Auszeit eine ruhige Kugel schieben, dürfte enttäuscht werden. Nehmen wir beispielsweise das vor meiner Haustür gelegene buddhistische Kloster, auch Wat genannt: Alle naselang werden dort Feste gefeiert und Spendenaktionen gestartet. Damit finanzieren die Mönche die Renovierung des Tempels und den Umbau ihrer Kutis, der Wohnungen. Zwar haben sie auch Bauarbeiter angeheuert, aber bei einem großen Teil der Arbeit packen die frommen Brüder selbst mit an: Da heißt es Schubkarren schieben, Beton gießen, Holz stapeln. Bei Bangkoks Durchschnittstemperaturen von 35 Grad rinnt der Schweiß in Strömen.

Schluss auch mit geregelten Arbeitszeiten: Denn wenn wieder einmal einer der häufigen „Events“ im Wat ansteht, dauert der mitunter zehn Tage. Vormittags werden Buden mit Kleidung und Snacks aufgebaut und lange Tischreihen errichtet, wo man Lotusblumen und Goldplättchen zu Ehren Lord Buddhas erwerben kann. Eines der Gemeindemitglieder feuert die zahlreichen Besucher an: „Bitte große Scheine, große Scheine, mindestens 100 Baht!“ Daneben gibt es Theaterstücke und thailändische Tänze. An Schlaf ist dabei nicht zu denken: Die Lautsprecher, welche die erfinderischen Mönche rund ums Kloster anbringen lassen, beschallen die ganze Umgebung im Umkreis von 500 Metern – bis zwei Uhr nachts. Für die paar Stunden dazwischen lohnt sich das Zubettgehen nicht. Denn frühmorgens gegen sechs Uhr plärren sie wieder los: Man will daran erinnern, dass das Fest ja noch ein paar Tage dauert und reichliche Spenden willkommen sind.

Und die werden dringend gebraucht. Es sind nämlich vor allem die Klöster in Thailand, die sich sozialen Aufgaben widmen: Sie unterstützen Slumbewohner, pflegen Aidskranke und geben täglich Essen für die Armen aus. Insofern könnte mancher Staatsdiener etwas dazulernen. Schaden kann etwas mehr Verantwortung für die Sorgen der kleinen Leute nie. Vor allem in Krisenzeiten nicht: Während die meisten der kleinen Farmer vor dem Aus stehen, haben diverse Ministerien offenbar nichts anderes zu tun, als sich gegenseitig die Schuld für das Herunterspielen der Vogelgrippe-Katastrophe zuzuschieben. Aber vielleicht bläst die Regierung die ganze Crash-Kurs-Idee ja auch wieder ab: Extrageld aus dem Staatssäckel ist derzeit nicht drin, weil die Verluste durch die Geflügelpest in die Milliarden gehen dürften.

NICOLA GLASS