Irak präsentiert tote Amerikaner

Irakisches Fernsehen zeigt tote und gefangene US-Soldaten. Alliierte Einheiten auf dem Weg nach Bagdad in heftige Kämpfe verwickelt. Widerstand im Süden des Irak noch nicht gebrochen. Mehrere Millionen Menschen demonstrieren gegen Krieg

BERLIN taz ■ Der Krieg gegen den Irak hat gestern der amerikanischen Heimatfront seine hässliche Seite offenbart. Das irakische Fernsehen zeigte Bilder von mindestens sechs toten und teilweise verstümmelten Amerikanern und fünf Gefangenen, darunter auch eine Frau. Die getöteten Soldaten lagen auf der Straße. Die Gefangenen sagten, sie kämen aus den US-Bundesstaaten Kansas, Texas und New Jersey. Ein offenbar schwer Verletzter wurde zur Befragung unter Schmerzen von einem Sofa hochgezogen.

Nach Angaben des Pentagons werden bis zu zehn US-Soldaten im Irak vermisst. US-Präsident Bush verlangte eine humane Behandlung der Gefangenen. Verteidigungsminister Rumsfeld protestierte gegen die Ausstrahlung der Bilder und sprach von einer Verletzung der Genfer Konvention. Diese bestimmt, dass Gefangene nicht zur Schau gestellt werden dürfen.

Nach irakischen Angaben wurden die Amerikaner bei Nasirija getötet oder gefangen genommen. Dort kam es zu schweren Kämpfen, bei denen nach Angaben der BBC 6 US-Soldaten getötet wurden. Auf ihrem weiteren Vormarsch rund 160 Kilometer vor Bagdad stießen US-Eliteeinheiten bei Nadschaf offenbar auf weiteren Widerstand. Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministers Hoon könnten die Truppen dennoch schon am Dienstag Bagdad erreichen.

Auch nahe Basra im Süden des Irak sind die Kämpfe noch nicht beendet. Die US-Luftwaffe flog Angriffe auf irakische Einheiten in der Hafenstadt Umm Kasr. Auf der Halbinsel Faw im Persischen Golf kam es zu heftigen Gefechten. Bei früheren Angriffen auf Basra sollen nach einem Bericht der arabischen TV-Station al-Dschasira 50 Menschen ums Leben gekommen sein. Auf Bildern aus dem örtlichen Krankenhaus waren dutzende tote Zivilisten mit teilweise verkohlten Genitalien und zerfetzten Köpfen zu sehen. Das Rote Kreuz meldete, dass Basra seit Freitag ohne Strom und Trinkwasser ist.

Die Bombardierungen von Bagdad gingen am Wochenende weiter. Bis zum Sonntag sind dabei nach irakischen Angaben 106 Menschen verletzt worden. Ein Marschflugkörper schlug nach Augenzeugenberichten in ein Wohngebiet ein. Gestern Abend begann eine neue Angriffswelle. Es waren dutzende von Einschlägen und Explosionen zu hören. US-Streitkräfte bombardierten gestern erstmals Tikrit, die Geburtsheimat des irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Ziel war nach Angaben von al-Dschasira eine Residenz des Präsidenten. Bei dem Angriff sollen vier Menschen getötet worden sein, meldete der TV-Sender.

Im Nordirak sind laut kurdischen Angaben US-Elitesoldaten eingetroffen. Amerikanische Truppen seien in der Nacht zum Sonntag mit vier Flugzeugen in dem Kurdengebiet gelandet, sagte ein Vertreter von mit den USA verbündeten Kurden.

An der kuwaitisch-irakischen Grenze schoss die US-Luftabwehr versehentlich ein britisches Tornado-Kampfflugzeug ab. Die Maschine wurde bei ihrer Rückkehr von einem Einsatz von einer Patriot-Rakete getroffen, bestätigte das Zentralkommando der US-Armee. Die zweiköpfige Besatzung galt als vermisst.

Gegen den Irakkrieg demonstrierten am Wochenende mehrere Millionen Menschen. In vielen deutschen Städten protestierten insgesamt etwa 150.000 Personen, davon allein 40.000 in Berlin. In New York demonstrierten bis zu 200.000 Menschen gegen den Krieg im Irak. Auch in Madrid und Barcelona gingen mehrere hunderttausend Personen auf die Straße.

In London zogen nach Angaben der Veranstalter bis zu 150.000 Menschen durch die Stadt, in Paris waren es rund 100.000. Demonstrationen gab es außerdem auch in Belgien, Italien, Griechenland, Dänemark, Finnland und der Schweiz. KLH