Euro-Straßenpflaster

Neuer Verband will Halbierung der Staus bis 2015 und dafür Geld von der Eisenbahn auf die angeblich benachteiligte Straße umlenken

von GERNOT KNÖDLER

Peter Fischer, Präsident des im vergangenen Juli gegründeten Interessenverbandes „Pro Mobilität“, macht es sich einfach: Der Verkehr wird wachsen, also müssen mehr Straßen gebaut werden. Schon zu seiner Zeit als SPD-Wirtschafts- und Verkehrsminister in Niedersachsen will Fischer „eine erhebliche Finanzierungslücke bei der Umsetzung der Straßenverkehrsplanung von vier Milliarden Mark im Jahr“ entdeckt haben. Heute seien es 2,5 Millionen Euro. Jetzt soll endlich Schluss sein mit der Unterbewertung der Straße. Gestern warb die Initiative auf einem „Norddeutschen Straßentag“ mit 100 Teilnehmern in der Handelskammer Hamburg für ihre Positionen.

Die Initiative gibt sich keine Mühe zu verschleiern, wes Geistes Kind sie ist. Getragen wird sie von all denen, die vom Straßenbau profitieren: der gewerbliche Güterkraftverkehr, die Autofahrer, die Automobilindustrie, Bau- und Mineralölwirtschaft, der Bundesverband der Deutschen Industrie – bis hin zur Tank&Rast-GmbH der Dekra, die Autobahngaststätten betreibt. „Deutschlands Verkehrsinfrastruktur braucht eine starke Lobby!“ ist ihr Wahlspruch. Mit der Bahn hat sie nichts am Hut.

90 Prozent der Verkehrsleistung würden über die Straße abgewickelt, behauptet Fischer. Daran werde sich nichts ändern, wenn der Verkehr in Deutschland durch die EU-Osterweiterung in den nächsten Jahren stark anwachse, wie die Entwicklung der Vergangenheit erwarten lasse. Daran könne sich auch nichts ändern, denn: „Die Möglichkeiten der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene sind offensichtlich wesentlich begrenzter als angenommen wird.“ Die Verkehrspolitik müsse reagieren und dürfe die Bahn im Bundesverkehrswegeplan nicht überproportional finanzieren. Sie müsse sich verpflichten, die Zahl der Staus bis 2015 zu halbieren.

Dass ein ganz anderer Ansatz denkbar ist, zeigen der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Fahrgastverband Pro Bahn: Erstens gebe es „Instrumente, den Verkehr nicht nur zu verlagern, sondern zu vermeiden“, sagt Daniel Kluge vom VCD. Zweitens steckten im Bahnnetz Kapazitätsreserven von mehreren hundert Prozent. Dort gebe es, sagt Karl-Peter Naumann von Pro Bahn, „ungeheure Reserven, die man schnell erschließen kann“.