Saugende Nase in Grau

Eine Ausstellung bester Bilder in Braunschweig – von Prominenten selbst gemalt

„Ich bin einfach nicht rechtzeitig fertig geworden“, entschuldigt sich Jan Hofer

„Meine Hand, die sich selbstständig gemacht hat und Hans Eichel würgt“, nennt Ulrich Wickert seinen Beitrag für die Ausstellung „Schöne Bilder – von Prominenten selbst gemalt“, die morgen in der Sigmar-Gabriel-Halle in Braunschweig eröffnet wird. „Ich bin jetzt seit über zehn Jahren bei den ‚Tagesthemen‘ und habe natürlich immer die Angst, dass etwas schief geht“, begründet Wickert seine besonders von der Umkehrung der perspektivischen Größenverhältnisse geprägte Darstellung. Zu demselben Zyklus gehören außerdem der Siebdruck „Meine Nase, die Franz Müntefering aufsaugt“ sowie das unter plakativer, flächiger Verwendung von Farbe entstandene Gemälde „Wie ich mich bei einem Besuch des CIA gerade in Osama bin Laden verwandele“, das den Künstler auf dem Höhepunkt seines Schaffens zeigt.

Ganz anders gestaltet „Tagesschau“-Kollege Jan Hofer seine Bilder. Und hier im ästhetisch erfahrenen Braunschweig lässt man die gestalterische Ader des oft unterschätzten Nachrichtensprechers ganz zur Geltung kommen. Das Hofer’sche Werk „Im Schatten großer Leuchtturmwärter“ zum Beispiel überrascht mit dem offensiven Einsatz eines Grautons, der fast die ganze Bildfläche füllt. Hofer zeigt sich damit ganz einer ungegenständlichen Formdurchdringung verpflichtet, bei der sich Unendlichkeitssehnsucht und das Erleben der ewigen Wiederkehr des Gleichen erfolgreich vereinen. Nur in der oberen Ecke findet sich ein blasses Weiß. „Ich bin einfach nicht rechtzeitig fertig geworden“, entschuldigt sich der „Tagesschau“-Sprecher ehrlich für diesen Kunstgriff und ergänzt: „Intuition ist eben durch nichts zu ersetzen.“

Weite und ausladende grüne Flächen, sanfte Hügel und verträumte Täler, darin ein kleiner Mann, der sich gerade in der Erde vergräbt – „Don’t call me Berti“ nennt Rudi Völler seinen Beitrag, in dem die stark optischen Reize von Licht, Farbe und Landschaftsstruktur Schottlands auf gelungene Art und Weise mit der Perspektivlosigkeit in der Figurengestaltung kontrastieren. „Die sinnbildliche und auch humorvolle Formulierung meiner Bildsprache hat die Äußerung des Gefühlsmäßigen abgelöst“, erklärt Völler seine Darstellungsabsicht und zeigt sich nach den Verbalausrutschern im vergangenen Jahr geläutert. Weitere Werke von Völler sind das im Stil der neuen Sachlichkeit gehaltene „Jeder kann mal gegen Holland verlieren“ sowie das eher kubistisch anmutende „Wo Netzer steht, da ist Abseits“, das Völler als „Ausdruck eines Entmaterialisierungsprozesses“ verstanden wissen will.

„Nie, nie, nie werde ich Veronika Ferres als eine Künstlerin bezeichnen“, soll Gott einmal gesagt haben. Und auch dieses Mal hat er wieder Recht behalten. „Rubensweib malt Rubens, wie er ein Rubensweib malt“ nennt La Ferres ihr Bild, das insgesamt von einer gewissen Unübersichtlichkeit zeugt und deren Figurengestaltung auffällig groteske Züge aufweist. Etwas besser gelungen ist dagegen „Rubens, der gerade kein Bild malt und auch nicht zu Hause ist“, eine perspektivische Figuration, die sich ohne jeden Fluchtpunkt der herkömmlichen Darstellung von Raum konsequent entzieht. Die eher flüchtige Erscheinung des Raumeindrucks wird noch verstärkt in „Mein rechter, rechter Platz ist leer“, das Ferres nach dem Genuss von mehreren Flaschen Prosecco als „Ausdruck einer Todesahnung“ bezeichnet.

Als „formale Integration des Gegenstandes in linear umrissene geometrische Körper, die ihre Entsprechung in der Wahl archetektonischer Motive findet“, kündigt der Ausstellungskatalog die Werke von Johannes B. Kerner an. Leider kann sein „Vor dem Haus sitzt ’ne Maus“ diesen Ansprüchen nicht ganz gerecht werden. Dabei hat Kerner sogar Zeichenunterricht genommen. Aber auch sein neuestes Werk „Das Haus vom Nikolaus“ verspricht nur wenig Besserung, auch wenn Kerner sich selbst darin wiederfindet als eine „Assoziation von Gegenständen, die inhaltlich in dem Zwischenbereich des kaum Erfassbaren stehen“. „Das hätte ich auch noch hingekriegt“, kommentiert dagegen Schirmherr Sigmar Gabriel die Werke Kerners trocken, um sich dann mit den Worten „Es ist alles so abgefahren abstrakt hier“ noch vor Eröffnung der gelungenen Ausstellung in das Body-Painting mit der SPD-Ortsgruppe Peine zu stürzen. JAN ULLRICH

„Schöne Bilder – von Prominenten selbst gemalt“. Braunschweig, Sigmar-Gabriel-Halle, 2. 2.–31. 3. 2004, Mo.–Fr. 10–17 Uhr, Sa.–So. 11–18 Uhr