Keine Westkurve

SPD und Grüne streiten über Einschätzung des Bundesverkehrswegeplans. Umfahrung Hamburgs auf der A20 werten die Parteien ganz nach Gusto

A22: Vom Nutzen her eines der schlechtesten Projekte der ganzen Republik

von GERNOT KNÖDLER

Aus dem Enwurf zum Bundesverkehrswegeplan liest jeder heraus, was seinen politischen Zielen entspricht. Der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Bernd Rohwer (SPD) hatte Anfang der Woche unisono mit den Straßenverkehrslobbyisten der „Initiative Pro Mobilität“ verkündet, er sehe für die Fortsetzung der Ostsee-Autobahn A20 „keine neuen Risiken auf Grund des künftigen Bundesverkehrswegeplans“. Nach Ansicht der Grünen dagegen wird es zu der in weiten Teilen als vordringlich eingestuften Westumfahrung Hamburgs in absehbarer Zeit nicht kommen. „Aus meiner Sicht wird die A20 bei Bad Segeberg enden“, sagte der Bundestagsabgeordnete Rainder Steenblock gestern.

Nach Ansicht Steenblocks und der Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Krista Sager, wird die große Autobahnkurve mit einer Elbquerung bei Glückstadt vor allem am mangelnden Interesse Niedersachsens scheitern. Solange Niedersachsen nicht bereit sei, andere Projekte zugunsten einer Anbindung der A20 an die A1 bei Zeven zurückzustellen, sei die Kurve nicht sinnvoll. Wer wolle schon von der A7 bei Bad Bramstedt aus einen Bogen schlagen, nur um durch einen mautpflichtigen neuen Elbtunnel zu fahren und über die A26 durchs Alte Land wieder zur A7 zu kommen, fragte Steenblock.

Mit der von Niedersachsen gewünschten Küstenautobahn A22, auf welcher der Verkehr von der A20 alternativ weiterrollen könnte, sei nicht zu rechnen. Mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,6 sei diese Autobahn „eines der schlechtesten Projekte der ganzen Republik“, sagte Steenblock. Eine Küstenautobahn liefe den Interessen des Hamburger Hafens zuwider, ergänzte Sager, nur für Rotterdam sei sie interessant. Für eine Entlastung des Hamburger Elbtunnels sei die A20 zu weit entfernt.

Die grünen Politiker wiesen darauf hin, dass Hamburg im neuen Bundesverkehrswegeplan gut wegkomme. Die Stadt erhalte einen Anteil von 1,8 Prozent – 0,4 Prozent mehr als 1992. Erstmals würden gleich hohe Ausgaben für den Straßen- und den Schienenverkehr angesetzt, wobei der Schwerpunkt in Richtung Ausbau und Erhaltung bestehender Strecken verschoben worden sei.

Die um je eine Spur verbreiterten Autobahnen A1 und A7 könnten den Verkehr von der Ostsee-Autobahn und aus Skandinavien gut aufnehmen. Zumal der Skandinavienverkehr schon heute zunehmend per Schiff abgewickelt werde und es nicht zu erwarten sei, dass der wachsende Verkehr aus Osteuropa die Ostsee-Autobahn entlangrausche.

Bei der Bahn schaffe der vordringlich geplante zweigleisige Ausbau zwischen Neumünster und Bad Oldesloe eine Entlastung des Knotens Hamburg – als eines von vielen kapazitätssteigernden Projekten. Der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Lühmann sprach sich für einen über den Verkehrswegeplan hinausgehenden Ausbau der S4 nach Ahrensburg aus. Er befürchtet aber, dass dem Senat dafür das Geld fehle, weil er die teure U4 in die Hafencity wolle.