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Weiße Kittel auf schwarzer Liste

BKK Hamburg fordert die Chefs von 2000 Hamburger Unternehmen auf, hinter jedem kranken Mitarbeiter einen Simulanten zu vermuten. Schwarze Liste von Medizinern erstellt. Ärztekammer fordert Gesundheitssenator Rehaag zum Einschreiten auf

von SANDRA WILSDORF

„Sind Blaumacher bei Ihnen auch ein Problem?“ Mit dieser Frage wendet sich die BKK Hamburg an die Arbeitgeber ihrer Versicherten. In einem Brief an mindestens 2000 Hamburger Unternehmen fordert sie deren Chefs auf, entsprechende „Auffälligkeiten“ zu melden – „wir helfen ihnen gerne“. Wenn jemand Zweifel an der Krankheit eines Mitarbeiters habe, dann solle er sich einfach an die Kasse wenden und sagen, welche tatsächlichen Gründe er hinter der Krankschreibung vermutet, „z. B. nicht genehmigter Urlaub, Mehrarbeit, Arbeitsplatzverlagerung usw.“.

Die Kasse verspricht, in Zweifelsfällen einen „Hausbesuch durch eine unserer kompetenten Mitarbeiterinnen“ zu veranlassen. Es gehe darum, „Blaumacher und auffällige Ärzte zu identifizieren, um Schaden von der Versichertengemeinschaft abzuwenden“. Und um die Sache zu erleichtern, fügte die Kasse gleich noch eine Liste mit den Namen von zehn Hamburger Ärzten bei, „die durch häufiges Krankschreiben bei uns auffällig geworden sind“.

Die Ärzte sind empört. Sie haben übrigens nur durch Kollegen und bei der Kasse versicherte MitarbeiterInnen von dem Brief erfahren. „Bei mir hat nie jemand von der BKK Hamburg angerufen und mich auf eventuell höhere Krankschreibungen aufmerksam gemacht“, sagt ein Arzt, der auf der Liste steht. Die hätte er als Unfallchirurg auch leicht erklären können. Er prüft nun rechtliche Schritte gegen die Kasse.

Ärztekammerpräsident Michael Reusch sieht in der Aktion der Kasse einen „Tiefpunkt“. Nicht nur datenschutzrechtlich sei deren Vorgehen aufs Schärfste zu verurteilen. Ärzte würden auch auf ehrverletzende Weise diffamiert und hätten noch nicht einmal Gelegenheit zur Stellungnahme. Reusch fordert den aufsichtsführenden Gesundheitssenator Peter Rehaag (Schill) auf, „dem bizarren Gebaren dieser Krankenkasse ein Ende zu machen“. Die Kammer will neben dem Senat auch den Datenschutzbeauftragten und das Bundesamt für Versicherungswesen bitten, das Vorgehen der BKK gründlich zu prüfen.

Bei der Krankenkasse versteht man die Aufregung nicht. „Wieso soll das denn datenschutzrechtlich bedenklich sein?“, fragt Helga Dreyer, Abteilungsleiterin Krankengeld und Rehabilitation, und versichert: „Das ist von unserer Rechtsabteilung abgeklärt.“ Im Übrigen sei die Resonanz auf den Brief „überwiegend sehr positiv“. Ein Arbeitgeber aus einem benachbarten Bundesland habe sich sogar beschwert, dass es für seine Gegend keine entsprechende Liste gebe.

Eine Arbeitgeberin, die das komplett anders sieht, ist Susanne Friedemann. Sie ist Geschäftsführerin der Hamburger AssistenzGenossenschaft und absolut empört. Wenn ihr Mitarbeiter durch häufige Krankheit auffielen, „dann sehe ich meine Aufgabe im Rahmen der Fürsorge darin, mit ihnen zu reden, woran das liegt“. Von dem Brief aber fühle sie sich zu Kontrolle und Überwachung aufgefordert, „denn er enthält die latente Unterstellung, dass Menschen blau machen“. Sie wird ihren bei der BKK Hamburg versicherten Mitarbeitern „von dieser Politik berichten“ und künftig jedem abraten, sich bei jener Kasse zu versichern.

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