berliner szenen Die Schlacht der Zeichen

Regenbogenkrieger

Auch auf dem Schlachtfeld der Zeichen werden die Frontverläufe unübersichtlicher. So hat ein Berliner Army-Shop zwischen Uniformen und Gasmasken ein weißes Tuch mit der Aufschrift „No War“ platziert, über dem Starbucks in der Friedrichstraße weht eine Deutschlandflagge, und auf einem Marlboro-Plakat haben geschichtsbewusste Kriegsgegner den Cowboys Hakenkreuze auf die Stirn gemalt. Für die größte Verwirrung sorgen allerdings die Regenbogenflaggen. Zwar konnte man sich darauf einigen, dass es sich bei dem Aufdruck „pace“ nicht um eine orthografisch zweifelhafte Version des englischen Wortes „peace“ handelt, sondern um die italienische Vokabel für „Frieden“. Unklar war jedoch die Ikonografie des Regenbogens: Subkulturell aufgeschlossene Demonstranten erkannten die Verwandtschaft zum Banner der Schwulenbewegung, andere dachten an Greenpeace.

Tatsächlich schließt das Motiv an die christliche Überlieferung an, nach der Gott im Anschluss an die Sintflut den Bund mit den Menschen durch einen Regenbogen erneuerte: ein Zeichen für die Hoffnung. Ein gewisser Pater Alex Zanoteli hatte die Fahne im Rückgriff auf diese Symbolik im vergangenen Herbst der italienischen Friedensbewegung übergeben. In Deutschland freuen sich nun Schwulenverbände über die Ausweitung „ihres“ Banners zur weltweiten Friedensflagge und präsentieren im Internet aus gegebenem Anlass nackte Männer in bunten Tüchern. Anderen gefallen die neuen Allianzen nicht so. Der eine oder andere Pazifist hat von der Regenbogenflagge bereits Abstand genommen: Nur weil Krieg ist, muss man sich natürlich noch lange nicht mit dem Papst und seinen Heerscharen gemein machen. KOLJA MENSING