Raab muss blechen

Der Essener Anwalt Frank Roeser wollte Rechtsgeschichte schreiben und hat dieses Ziel vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Hamm auch gestern erreicht: Blödel-Moderator Stefan Raab muss für seine Unverschämtheiten bezahlen. 70.000 Euro Schmerzensgeld erhält nach dem gestern verkündeten Urteil des 3. Zivilsenats die heute 18 jährige Lisa Loch. Über sie hatte Raab in seiner Pro Sieben-Sendung „tv total“ wegen ihres Namens monatelang gehässige und obszöne Witze gerissen. Für die gnadenlose Comedy-Industrie ist dieses Urteil ein Denkzettel: Erstmals hat ein deutsches Gericht einem Medienopfer ein Schmerzensgeld in einer Höhe zugesprochen, die in der Vergangenheit nur Prominenten vorbehalten war. Der Vorsitzende des 3. Senats sprach von einer besonders massiven Persönlichkeitsverletzung, weil eine damals Minderjährige mit der Pornoindustrie in Verbindung gebracht worden sei. O-Ton Raab in seiner Sendung: „Toller Name, auch wenn man ins Pornogeschäft einsteigen will.“

Zur Begründung des Urteils, mit dem der vom Landgericht Essen anerkannte Schmerzensgeldanspruch (22.000 Euro) um das Dreifache erhöht worden ist, heißt es: „Eine Satire darf zwar einen beachtlichen Freiraum beanspruchen, aber nicht die Würde eines Menschen verletzen.“ Es sei geboten, besonders schwere Persönlichkeitsverletzungen, egal bei welchen Personen, zu verhindern. Die Höhe des Schmerzensgeldes müsse einen „echten Hemmungseffekt“ bewirken. Verurteilt wurden neben Stefan Raab auch die beiden verantwortlichen Produktionssender und der Privatsender Pro Sieben. Sie haften als Gesamtschuldner für die Summe von 70.000 Euro.

Anlass der unappetitlichen Witzeleien von Raab war die Wahl der damals 16 jährigen Lisa Loch zur Miss Rhein-Ruhr im Oktober 2001, über die ein anderer Privatsender berichtet hatte. Den Namen des Mädchens „schlachtete“ Raab in seiner Comedy-Sendung mehrfach durch pornographische Wortspielereien und Andeutungen aus. Zum Leidwesen von Lisa Loch: In der Folgezeit war die Gymnasiastin nicht nur dem Spott und den Schmähungen von Mitschülern ausgesetzt, sondern musste sich auch zahlreicher anonymer Anrufe erwehren. Ab Juli 2002 musste sie sich wegen des von „tv total“ ausgelösten Spießrutenlaufs in psychotherapeutische Behandlung begeben.

Anwalt Roeser zeigte sich nach den Urteilsspruch hoch zufrieden: „Lisa Loch steht stellvertretend für alle Medienopfer, die keinen Prominentenstatus wie zum Beispiel Caroline von Monaco genießen.“ KLAUS BRANDT