Neue Märkte im Ausland

In Deutschland werden die Ia-Lagen für Windkraftanlagen langsam knapp. Die Hersteller müssen sich nach neuen Märkten umschauen und finden sie im europäischen Ausland. In Übersee sind vor allem Indien, Brasilien, China und Japan im Blick

Den deutschen Markt bestimmen ganz klar die Firmen aus Niedersachsen

Ein Vergleich der Exportaktivitäten der deutschen Turbinenbauer ist nicht ganz einfach. Bei den Firmen handelt es sich teilweise um Töchter weltweit organisierter Konzerne, deren deutsche Abkömmlinge nur einen Bruchteil des Exports abwickeln. Der Begriff „Export“ ist in Zeiten zunehmend globalisierter Produktion nicht mehr eindeutig zu verwenden. Interessant ist jedoch, in welchen Ländern die Hersteller produzieren, wo sie Anlagen aufstellen und wo sie sie in Zukunft aufstellen möchten.

Die Auricher Enercon GmbH hat bereits in 29 Ländern Projekte aufgebaut oder derzeit in Abwicklung. Der deutsche Marktführer hat insgesamt 888,23 Megawatt (MW) im Ausland errichtet. Besonders erfolgreich war er in Italien, Portugal und Indien. Zurzeit im Bau befinden sich Projekte unter anderem in Taiwan, Tschechien, Lettland und der Antarktis. Produktionsstandorte gibt es in Indien, Brasilien, Schweden, in der Türkei und in Deutschland. Enercon hatte nach einer Erhebung des Bundesverbandes Windenergie im vergangenen Jahr einen bundesweiten Marktanteil bei der hier installierten Leistung von 34 Prozent.

Die Hamburger Repower Systems AG will möglichst wenig Kapital in teuren Fertigungsstandorten im Ausland binden. Stattdessen werden neue Märkte durch Joint Ventures, Lizenz- oder Vertriebsvereinbarungen und Tochtergesellschaften für Projektierung und Vertrieb erschlossen. Die Auslandsquote betrug im vergangenen Jahr rund zwei Prozent, soll aber in 2003 auf 30 und bis 2005 auf 60 Prozent steigen. Zukunftsmärkte sind Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland, ferner Japan, China, Australien, Kanada und Großbritannien. Anlagen stehen bisher in Frankreich, Japan und der Ukraine (Marktanteil 6,8 Prozent).

Von den vier Standorten der Vestas Deutschland GmbH aus werden nur Deutschland und Österreich beliefert. Hauptsitz der Firma ist Dänemark. Am Standort Husum sitzt der Vertrieb für Norddeutschland, außerdem werden aus Dänemark gelieferte Komponenten montiert. Hinzu kommen zwei weitere Vertriebsniederlassungen sowie eine Rotorblattfertigung. In 2001 und 2002 wurden zusammen rund 35 MW in Österreich aufgestellt (Marktanteil 17,8 Prozent).

Die NEG Micon Deutschland GmbH, Tochter der dänischen Windanlagenschmiede, bedient den deutschen Markt, das deutschsprachige Ausland und Luxemburg. In Ostenfeld bei Husum werden ausschließlich aus Dänemark gelieferte Anlagen verkauft, errichtet und gewartet. In 2001 und 2002 wurden von Ostenfeld aus keine Anlagen außerhalb Deutschlands aufgestellt (Marktanteil 8,3 Prozent).

Die Fuhrländer GmbH, Windanlagenbauer aus Waigandshain, will sich in den nächsten Jahren auf die Exportmärkte Spanien, Portugal, Italien, China, Japan und Brasilien konzentrieren. In 2001 wurden fünf 1,5-MW-Anlagen nach Japan verkauft, alle für 2002 geplanten Projekte mussten jedoch nach 2003 verschoben werden. Sie werden in Italien, Portugal und Brasilien realisiert. Dieses Jahr soll außerdem die Endmontage und Turmfertigung für die 1-MW-Anlage in Brasilien anlaufen, später ist eine solche Produktion auch in Italien geplant (Marktanteil 1,4 Prozent).

Die Nordex AG aus dem norddeutschen Norderstedt hatte bereits im vergangenen Jahr eine für deutsche Verhältnisse hohe Exportquote von 43 Prozent, die bis 2005 auf 75 Prozent gesteigert werden soll. Der Hersteller konnte in 30 Ländern Anlagen aufstellen. Am erfolgreichsten war man in China, Indien, Frankreich und Ägypten. Produktionsstandorte befinden sich in Rostock, in Dänemark und in China. Die wichtigsten Wachstumsmärkte sind in Europa Großbritannien, Irland, Frankreich, Skandinavien und Italien, danach folgen die USA, Japan, Brasilien und China (Marktanteil 8,7 Prozent).

Die Windsparte der Pfleiderer AG, die Pfleiderer Wind Energy GmbH in Neumarkt, Oberpfalz, stellt erst seit August 2002 zwei eigene Anlagentypen her, die bislang in Deutschland und Österreich aufgestellt wurden. Mittelfristig will man sich verstärkt auf das Offshore-Geschäft konzentrieren und hat dafür die Rechte an Patenten der 5-MW-Offshore-Anlage „Multibrid“ erworben. Die Anlage soll vor allem für den Nordsee- und Mittelmeerraum, hier besonders für Griechenland, Spanien und die Türkei, sowie für Asien, hier vor allem für China, gefertigt werden. Auf diesen Märkten soll jedoch weniger klassischer Export als vielmehr eine Lizenzvergabe stattfinden, da bei den Gewichten und Abmessungen von Offshore-Anlagen der Transport zu kostenintensiv ist. Allerdings will sich Pfleiderer Meldungen zufolge von seiner Windkrafttochter trennen (rangiert bei den Marktanteilen als „Sonstige“, die insgesamt unter 0,2 Prozent liegen).

Bei der AN Windenergie GmbH, Bremen, hat man als Kooperationspartner und Lizenznehmer des dänischen Herstellers Bonus keine eigenen Produktionsstandorte. Die Komponenten für AN-Anlagen kommen von den Zulieferern oder direkt aus Dänemark und werden an den Standorten endmontiert. AN möchte in Zukunft eigene Exportaktivitäten wahrnehmen, über deren Umfang man sich zurzeit mit dem dänischen Partner abstimmt. Bislang beliefert man vor allem den deutschen Markt. Ein Projekt konnte in Australien realisiert werden, ein weiteres befindet sich in Südafrika für 2003 in Planung (Marktanteil sieben Prozent).

Die Auricher Enercon GmbH hat bereits in 29 Ländern Projekte aufgebaut

Seit Mai 2002 ist die Lübecker DeWind GmbH eine 100-prozentige Tochter des britischen Industriekonzerns FKI plc. Das Unternehmen wird weiterhin relativ selbstständig und unter eigenem Namen agieren, die Produktion der wichtigsten Anlagentypen soll jedoch an den britischen Standort Loughborough verlegt werden, ebenso wie der Vertrieb für Großbritannien. Als Zielmärkte nennt DeWind Großbritannien, Südeuropa, hier insbesondere Spanien und Frankreich sowie Asien. Projekte wurden in Luxemburg, Japan, China und Belgien realisiert (Marktanteil 2,4 Prozent).

GE Wind Energy (vorher Enron Wind) gehört seit Mai 2002 zum amerikanischen Großkonzern General Electric. GE verfügt über Produktionsstandorte in den USA, Deutschland und Spanien, die Rotorblätter kommen aus den Niederlanden. Der deutsche Standort Salzbergen hat im letzten Jahr Anlagen nach Großbritannien, Schweden, in die Niederlande, nach Indien und Japan geliefert. Als wichtigste Zukunftsmärkte nennt GE neben den bereits etablierten Märkten Deutschland, Spanien und den USA vor allem nahezu sämtliche europäischen Märkte sowie Indien, Japan, Australien und Brasilien (Marktanteil 13,1 Prozent).

Hinsichtlich ihres Marktanteils an der installierten Leistung in Deutschland konnten sich im Jahr 2002 drei Firmen verbessern, weiß man beim BWE: Die Enercon GmbH, die GE Wind Energy GmbH sowie Repower Systems AG. Den Markt bestimmen dabei ganz klar die norddeutschen Firmen: Allein die Niedersachsen hielten im vergangenen Jahr einen Anteil von 47 Prozent. NICOLE PAUL