: Singende Spacekäfer
In kafkaesker Einsamkeit: „Gregor Samsa“ aus Richmond
Meditative Selbstversunkenheit auf der Bühne, sakrale Ergriffenheit davor: „Gregor Samsa“, eine junge Band aus Richmond/Virginia, verliert sich in der Tower Bar. Wo sonst bei gepflegtem House oder solidem Rock gelacht und gekichert wird, wagt man an diesem Abend kaum zu atmen, um die ätherisch erhabene Atmosphäre des Konzerts nicht durch profane Körperlichkeit zu entweihen.
In stiller Andacht also verfolgt das Publikum, wie sich die vier Musiker ihren nicht enden wollenden, teils leise filigranen, teils wuchtigen Rock-Epen hingeben. Die Kommunikation mit den Zuschauern beschränkt sich auf ein gelegentliches, schüchtern zwischen die Songs geflüstertes „Thank you“, bevor sich die Band wieder in ihren Kosmos zurückzieht. Bloß kein Blickkontakt.
Dieser musikalische Autismus, der sich in den ausufernden, unbedingte Aufmerksamkeit fordernden Songs Bahn bricht, erinnert durchaus an die Einsamkeit des Handlungsreisenden aus Kafkas „Verwandlung“, von der „Gregor Samsa“ ihren Bandnamen entliehen haben. Die literarische Figur findet ihre Erlösung nur im Tod. Die Band hingegen in der Weite ihrer weltentrückten Klänge. till stoppenhagen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen