Werben um deutsche Investionen im Kongo

Präsident Kabila kommt heute nach Deutschland. Derweil wird der Kongo von einer neuen Krise erschüttert

PARIS taz ■ Als zuletzt hochrangiger Besuch aus dem Kongo nach Deutschland kam, blieb Berlin hart. William Swing, Leiter der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo, erhielt im Dezember weder deutsche Experten zur Hilfe bei der Vorbereitung der für 2005 geplanten Wahlen, noch Zusagen, sich an einer etwaigen Luftüberwachung der kongolesischen Ostgrenzen zur Eindämmung des Waffenschmuggels zu beteiligen.

Wenn heute Kongos Präsident Joseph Kabila nach Berlin kommt und auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer trifft, muss sich die Regierung gut überlegen, ob sie nicht aktiver wird. Denn Kabila hat vor seiner am Montag begonnenen Europareise gesagt, dass er vor allem Hilfe für die Ausbildung von Polizei und Militär wolle sowie Experten für die Wahlen.

Es ist seine erste Auslandsreise seit Einsetzung einer Allparteienregierung im Kongo im vergangenen Juli, womit formell ein fünfjähriger Krieg mit mehreren Millionen Toten zu Ende ging und die Umsetzung eines Friedensprozess begann. Nach Frankreich, Großbritannien und Deutschland besucht er nächste Woche auch Belgien und reist dann nach Ghana und Südafrika.

Nachdem der Präsident zu Hause kritisiert worden war, dass er sich eher nach Europa traut als in die Exrebellengebiete des Kongo, darf er nicht mit leeren Händen zurückkommen. Im Dezember hatte eine internationale Geberkonferenz dem Kongo Hilfen von vier Milliarden Dollar über drei Jahre zugesagt. Südafrika kündigte Investitionen von zehn Milliarden Dollar in den kongolesischen Bergbau an.

Kann Europa mithalten? „Kongo interessiert uns enorm“, sagte Michel Roussin, Afrikaleiter des französischen Unternehmerverbands nach einem Treffen mit Kabila am Dienstag. Treffen mit Unternehmern stehen auch auf dem Programm der Deutschlandetappe. Deutsche Investoren interessieren sich für die Rehabilitierung und Erweiterung des kongolesischen Wasserkraftpotenzials. Der Ingastaudamm am Unterlauf des Kongoflusses könnte nach Bau eines dritten Wasserkraftwerks Zentrum eines panafrikanischen Elektrizitätsverbands von Südafrika bis Ägypten werden. Dafür müssen Milliarden investiert werden, was Siemens gern täte.

Weiter geht es den Deutschen um die Vergabe fetter Wiederaufbauverträge aus dem Weltbankprogramm zur Wiederherstellung von Kongos Infrastruktur. Wenn Kabila mit konkreten Zusagen zurückkommt, entschärft das vielleicht die derzeitige politische Krise im Kongo.

Die zweitgrößte ehemalige Rebellenbewegung, die Kongolesische Befreiungsbewegung MLC, erklärte am Montag ihren vorläufigen Austritt aus der Übergangsregierung, solange Verkehrsminister Joseph Olenghankoy im Kabinett bleibt. Dieser soll sich abfällig über MLC-Führer Jean Pierre Bemba geäußert haben. Bemba, einer von vier Vizepräsidenten mit besonderer Zuständigkeit für Wirtschaft, hat sich sehr um gute Beziehungen zu ausländischen Investoren bemüht.

Sollte Bemba dauerhaft der Regierung fernbleiben, würde nicht nur der Friedensprozess gefährdet, sondern auch ausländische Firmen vergrault. Der MLC-Austritt folgt zudem kurz auf einen Erlass des obersten Gerichts, wonach der Präsident Personalentscheidungen in Staatsbetrieben ohne Konsultation mit der Regierung treffen darf.

An eine Lösung der Streitereien ist vor Kabilas Rückkehr nicht zu denken, aber mit jedem Tag ohne funktionierende Regierung wird ein Ende des Friedens möglicher. Kabilas besänftigende Worte in Paris klingen immer hohler: „Es hat keine schwere Krise gegeben, es wird keine Krise geben, und daher wird die Übergangszeit erfolgreich abgeschlossen.“ DOMINIC JOHNSON