Schily holt Umbauspezialisten ins BKA

Mit Jörg Ziercke macht der Innenminister einen Polizeireformator zum BKA-Chef. Umzugspläne verfolgt er weiter

BERLIN taz ■ Als Innenminister Otto Schily (SPD) gestern den neuen Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA) vorstellte, hatte er eine Überraschung parat: Den Namen Jörg Ziercke kannte bis dahin kaum jemand. In den vielfältigen Spekulationen der vergangenen Tage war er nie genannt worden.

Ziercke (auch SPD) löst Ulrich Kersten ab, der von Bundespräsident Johannes Rau auf Bitten Schilys in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Kersten war in die Kritik geraten, da er Pläne für einen möglichen Umzug des BKA nach Berlin gegenüber den Mitarbeitern geheim gehalten hatte.

Schily betonte, die Entlassung habe nichts mit den Qualifikationen des bisherigen BKA-Chefs zu tun. „Herr Kersten hat in seiner Amtszeit hervorragende Arbeit geleistet.“ Aufgrund „objektiver Umstände“ könne er das Bundeskriminalamt aber nicht mehr weiter führen. Kritik an Kersten wies Schily zurück.

„Die Umzugspläne fallen in meine Amtsverantwortung“, sagte er und gab zu, die „Reaktionen und Vermittlungsprobleme unterschätzt“ zu haben. Auch räumte er ein, es habe „womöglich Kommunikationsprobleme“ zwischen dem BKA und dem Innenministerium gegeben. Schily betonte, die Versetzung Kerstens in den Ruhestand sei nur vorläufig, „man kann ihn jederzeit reaktivieren“. Für Kersten komme eine „hochrangige internationale Aufgabe“ in Betracht.

Mit der Ernennung des neuen Präsidenten Jörg Ziercke ist Schily der Forderung nachgekommen, den Chefposten im Bundeskriminalamt mit einem Polizeibeamten zu besetzen. Ziercke war zuletzt Leiter der Abteilung Polizei im schleswig-holsteinischen Innenministerium und Vorsitzender des Arbeitskreises II (AK II) der Innenministerkonferenz. Der AK II beschäftigt sich mit Fragen der inneren Sicherheit – unter anderem Gefahrenabwehr und Bekämpfung des Terrorismus.

Der 56-jährige Ziercke hat seine Polizeikarriere schon mit 20 Jahren begonnen. Ab 1985 arbeitete er in der Polizeiverwaltung, seit 1992 im Ministerium. Ziercke qualifiziert sich aber nicht nur durch seine Erfahrung als Polizist. Seit vergangenem Jahr ist er auch Vorsitzender des „Lenkungsauschusses zur Organisationsreform der Landespolizei“ in Schleswig-Holstein – hat also reichlich Erfahrungen mit dem Umbau von Behörden.

Schily lobte, Ziercke habe „sich durch schwierige Umstrukturierungsmaßnahmen bewährt“. Umstrukturierung beim BKA könnte vor allem einen Umzug von Meckenheim und Wiesbaden nach Berlin heißen. Diese Pläne sind noch nicht vom Tisch. Der Innenminister betonte, es gelte weiterhin der „allgemeine Prüfvorbehalt“ für die Umstrukturierung. Schily hält eine Neuorganisation weiterhin für nötig, da sich die Gefahrendimension entscheidend verändert habe.

Es gehe um wichtige kriminalstrategische Entscheidungen, die das BKA unter Umständen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ministerien treffen müsse. „Räumliche Distanz kann da von Nachteil sein“, sagte Schily. Auch berief er sich auf seinen „Freund, den neuen US-Heimatschutzminister Tom Ridge“, der die Sicherheitsstrukturen in den USA erfolgreich umgebaut habe.

Der Innenminister sagte, die Prüfung solle sich ausschließlich an „polizeifachlichen“ Kriterien orientieren, „also nicht an der Frage, ob irgendwo der Immobilienmarkt zusammenbrechen könnte“. Er kritisierte manche Bundesländer, die – wie Hessens Roland Koch – in die Debatte um den Umzug eingegriffen haben. Das BKA sei eine Bundesbehörde, die Länder hätten daher nicht mitzureden. Er warf ihnen vor, mit der Anschuldigung, es handele sich um „Zentralisierungswahn“ selbst nur lokale Interessen zu verfolgen. FLORIAN OEL