: Rooney: Absurde Debatte
Betr.: „Martin Rooney und der Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon“, taz bremen vom 20.03.03
Die Auseinandersetzung in Bremen um die Verleihung beziehungsweise Nichtverleihung des Kultur- und Friedenspreises der Villa Ichon an Martin Rooney hat meiner Meinung nach allmählich absurde Züge angenommen. Ich gehörte am 15. März 2003 zu den über Hundert Bremerinnen und Bremern, die in der Galerie Rabus der alternativen Preisverleihung beiwohnten. Die demokratische Öffentlichkeit Bremens hatte sich versammelt, um einen in Bremen lebenden britischen Autor zu ehren, der sich seit 30 Jahren um die Aufklärung des Genozids an den Armeniern 1915 bemüht und außerdem mit seinen Vorträgen an verfolgte radikaldemokratische Literaten und Antifaschisten der Weimarer Republik erinnert. All das war der Grund, um ihm den Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon zuzusprechen. Martin Rooney ist ein politischer Mensch, der eine eigene Meinung hat, die sich sowohl vom Mainstream abhebt, aber auch vom linkskonservativen Geschichtsbild der Parteigänger von DKP und PDS. Seine Meinung zu Saddam Hussein muss man nicht teilen, aber es ist doch wohl erlaubt, sie zu äußern. Der Vorwurf, er hätte den verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der Bremer VVN, Willi Hundertmark mit dem Diktator Saddam Hussein verglichen, ist nicht aus dem taz-Artikel vom 20. März 2003 herauszulesen.
Darum geht es auch gar nicht. Die Herren Hannover und Hübotter sind Anhänger oder Parteimitglieder einer Partei, der DKP, gewesen, die erwiesenermaßen mit einer militärischen Terrororganisation die Bundesrepublik bekämpfen wollte. Unter der Parteimitgliedschaft der PDS gibt es sehr viele hochrangige Offiziere der NVA der ehemaligen DDR, mehr als in jeder anderen deutschen Partei vertreten sind. Die Vorläuferin der PDS, die SED, hat zahlreiche Morde an Mauer und Stacheldraht zu verantworten und ist wohl kaum pazifistisch zu nennen. Schon Kinder und Jugendliche wurden beim Wehrkundeunterricht auf den bewaffneten Klassenkampf eingeschworen. Die PDS pflegt politische Beziehungen zur Partei des letzten neostalinistischen Diktators Kim Il Jong von Nordkorea. Dieses Land ist ja auch nicht gerade als Hort des Friedens bekannt und unterhält die viertgößte Armee der Welt, während die Bevölkerung verhungert. Wer sich, wie Herr Hannover und Herr Hübotter, nicht von diesen Tatsachen distanziert, ist meiner Meinung nach kein Pazifist. Die Affäre um Verleihung oder Nichtverleihung des Kultur- und Friedenspreises der Villa Ichon an Martin Rooney gerät allmählich zu Posse. Die alternative Preisverleihung in der Galerie Rabus am 15. März 2003 bedeutet einen würdigen Abschluss und dabei sollte es dann auch bleiben. [...] Michael Rittendorf, Hamburg, 2. Vors. des Ortsvereins Hamburg der Deutschen Journalisten-Union
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