DER FREIHANDEL ZEMENTIERT IN SÜDAMERIKA DEN NEOLIBERALISMUS
: Mercosur in der Zwickmühle

Elf Monate bevor die Zollschranken auf dem amerikanischen Kontinent beseitigt werden sollen, können sich die beteiligten Länder nicht über die Spielregeln einigen. Zu Recht weigern sich die Mercosur-Länder, ein Vertragswerk zu unterschreiben, das ihre Agrarwirtschaft benachteiligt. Das Problem dabei ist weniger der Zugang zum US-Markt, es sind die milliardenschweren Subventionen, mit denen die Supermacht ihre Landwirtschaft aufpäppelt. Für Agrarproduzenten aus dem Mercosur ist es unmöglich, gegen diesen Subventionsapparat anzutreten, obwohl sie effizienter und kostengünstiger arbeiten. Da die Landwirtschaft aber der einzige Sektor ist, auf dem die Mercosur-Länder mit den USA zu konkurrieren in der Lage sind, können sie kein Interesse daran haben, diese Politik auch noch mit einem Freihandelsabkommen (FTAA) abzusegnen.

Doch ohne den Mercosur kein Freihandel. Und solange die USA nicht zu Zugeständnissen bereit sind, will der Mercosur die Verhandlungen blockieren. Nur: Die USA haben sich längst Alternativen ausgedacht. Seit einigen Jahren kommen sie durch die Hintertür zur FTAA. Sie setzen verstärkt auf bilaterale Handelsabkommen. Chile und die zentralamerikanischen Länder haben bereits Freihandelsabkommen mit den USA unterschrieben. Damit ist es den USA gelungen, einen Keil zwischen die südamerikanischen Länder zu treiben. Was aber wichtiger ist: Mit jedem neuen bilateralen Abkommen steigt der Druck auf den Mercosur, der FTAA zuzustimmen, sonst droht die handelspolitische Isolierung. Daher sollte sich die Opposition der Länder des Mercosur nicht nur auf die pragmatische Agrarfrage konzentrieren. Bei der FTAA geht es um weit mehr als um Zollsätze, Handelsquoten und Subventionen. Mit der FTAA erhalten die neoliberalen Wirtschaftspolitiken der Privatisierung, Deregulierung und Marktöffnung ein institutionelles Fundament – das macht es für die einzelnen Länder nahezu unmöglich, aus dem Projekt auszusteigen. INGO MALCHER