Schraube des Schreckens

Düstere Visionen tiefster menschlicher Abgründe: Die Zeise-Kinos zeigen im April nahezu sämtliche Filme von David Fincher – von „Alien 3“ über „Fight Club“ und „The Game“ bis „Panic Room“

von ECKHARD HASCHEN

Eine David Fincher-Werkschau hätte man zwar eher vor einem Jahr, zum Start von Panic Room erwartet, ist aber natürlich immer recht, zumal sein nächster Film, die Skate-Boarder-Geschichte Lords of Dogtown wohl nicht vor 2004 fertig sein wird. Und mit etwas Abstand lässt sich sein bisheriges Schaffen, fünf Filme, die außer Seven auch alle gezeigt werden, vielleicht umso besser rekapitulieren. Als Begleitung dazu empfiehlt sich der von Frank Schnelle herausgegebene Band David Fincher.

Fincher ist, wie die ebenfalls gern als Wunderkinder titulierten Herren Soderbergh und Tarantino, inzwischen 40 und bringt anders als letzterer immerhin alle zwei bis drei Jahre einen Film heraus. Lange Zeit wurde sein Werbefilm- und Video-Clip-Hintergrund gegen ihn vorgebracht, aber schon sein Kinodebüt Alien 3 bewies ein weit über die dort erlernte technische Kompetenz hinausgehendes Talent. (Die Bildsprache von Finchers Clips und Spots und wie er diese immer weiter verfeinerte, behandelt im Buch Lars-Olaf Beiers informativer Beitrag „Bilder, durch den Kopf geschossen“.) Nachdem James Camerons Aliens vor allem als Action-Film funktioniert hatte, kultivierte Finchers unter äußerst chaotischen Umständen gedrehter Film den angedeuteten Horror. Außerdem ließ er das Monster wieder von H. R. Giger gestalten, der selbiges schon für Ridley Scotts ersten Alien entworfen hatte.

Zur ersten Garnitur unter den Regisseuren zählt Fincher spätestens seit er 1995 mit Seven dem Serialkiller/Copthriller-Genre ganz neue Dimensionen eröffnete. Von da an konnte er sein „Kino der Tricks, Täuschungen und Doppelstrategien“ (Schnelle) immer weiter vorantreiben. Hätte man nach Seven eine Art Hochrechung aufgemacht, dann hätte man eigentlich viel früher erahnen können, dass in The Game am Ende alles „nur“ ein Spiel zur Heilung von Michael Douglas‘ Paranoia war oder in Fight Club der von Brad Pitt so wunderbar gespielte Tyler Durden „nur“ eine Ausgeburt von Edward Nortons Phantasie. Aber schon die Anlagen der Plots sind immer wieder so originär und Finchers ausgefeilte Inszenierung so perfekt, dass man als Zuschauer gar nicht anders kann als ihm immer wieder auf den Leim zu gehen. Ein Kino der Angstlust par exellance.

Als „Bewahrer und Zerstörer“ beschreibt Frank Schnelle Fincher. Er ordnet das Fincher-Universums vorsichtig zwischen Ridley Scott und David Lynch ein, was mit Hinweis auf Finchers wiederholte Verwendung von Bildmotiven aus Blade Runner sicher nicht von der Hand zu weisen ist. Mit Lynch verbinde ihn die Vorliebe für düstere Visionen tiefster menschlicher Abgründe. Dass Fincher die Schraube des Schreckens auch wieder zurückdrehen kann, bewies er zuletzt bei Panic Room, an dem Georg Seeßlen im Buch herausarbeitet, dass er längst nicht so konventionell geraten sei, wie er vielen auf den ersten Blick erschien.

Alien 3: 4., 6. + 7.4., 22.30 Uhr; The Game: 11., 13. + 14.4., 22.30 Uhr; Fight Club: 18., 20. + 21.4., 22.30 Uhr; Panic Room: 25., 27. + 28.4., 22.30 Uhr, ZeiseFrank Schnelle (Hg.): David Fincher, Bertz Verlag, 272 S., 19,90 Euro