Kriegsprotest wird Schillprotest

Hamburgs Innensenator Ronald Schill behindert Aufklärung von mutmaßlichen Polizeiübergriffen gegen friedensdemonstrierende Jugendliche und Kinder

HAMBURG taz ■ Mit einem Eklat endete am Dienstagabend eine Sitzung des Hamburger Innenauschusses, der sich mit polizeilichen Übergriffen auf einer Schülerfriedensdemo vergangene Woche beschäftigte. Nachdem Innensenator Ronald Schill sich mehrfach geweigert hatte, Fragen der grünen Abgeordneten zum Polizeieinsatz zu beantworten, verließen diese unter Protest geschlossen den Raum. Sie warfen Schill vor, „das Fragerecht der Abgeordneten auszuhöhlen“.

Zuvor hatten es die Abgeordneten der Hamburger Koalitionspartner CDU, FDP und Schill-Partei bereits abgelehnt, Polizei-Videos von dem Einsatz zu zeigen und Vertreter der Schüler zu Wort kommen zu lassen. Der Innenexperte der SPD, Michael Neumann, warf der Koalition deshalb vor, „kein Interesse an einer Aufklärung gezeigt zu haben“.

Am Montag vergangener Woche war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen bei einer Demonstration von 20.000 Hamburger Schülerinnen und Schülern gegen den Irakkrieg gekommen. Nachdem eine kleine Gruppe Gegenstände in Richtung der Beamten geworfen hatte, setzte diese Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Polizeipräsident Udo Nagel betont, die Wasserwerfer seien gezielt gegen Störer und die Schlagstöcke nur „zum Abdrängen“ eingesetzt worden.

Laut Zeugenaussagen jedoch habe die Polizei auf sich entfernende Jugendliche und Kinder von hinten eingeprügelt. Mehrere Betroffene haben inzwischen Anzeige gegen die Polizei gestellt. Insgesamt waren bei dem Einsatz 145 Schüler stundenlang in Polizeigewahrsam genommen worden, darunter auch Kinder unter 14 Jahre. Die betroffenen Schüler samt ihrer Eltern blieben aus der Innenausschussanhörung ausgesperrt.

Bereits Stunden vor der Sitzung waren die rund 50 Zuschauerplätze von Anhängern der Schill-Partei belegt worden, die die Ausführungen „ihres“ Innensenators später mit ermunternden Zwischenrufen begleiteten. Diesen „kalte Ausschluss der Öffentlichkeit“, der nach Einschätzung der SPD direkt aus der Innenbehörde und der Schill-Fraktion heraus organisiert wurde, will Michael Neumann im Ältestenrat der Hamburger Bürgerschaft thematisieren.

Die ausgeschlossenen Schüler trugen ihren Protest gegen den Polizeieinsatz gestern auf die Straße. Mehrere tausend Jugendliche demonstrierten am frühen Abend in der Hamburger Innenstadt – bis taz-Redaktionsschluss friedlich –gegen „den zunehmenden Eskalationskurs von Innensenator Schill“. MARCO CARINI