Darwin kommt heim

Der Krieg hat gerade erst begonnen, doch die australische Regierung plant bereits den Rückzug

„Für einen Premier gehört es sich, in Kriegszeiten zu Hause zu bleiben“

aus Melbourne BORIS B. BEHRSING

Die täglichen Pressekonferenzen des australischen Militärs in der Hauptstadt Canberra sind für die Öffentlichkeit zu einem wichtigen Tagesereignis geworden. Aus seinem Bunker tief unter dem Verteidigungsministerium, von dem der Einsatz der australischen Truppen im Irak gelenkt wird, tauchte am Dienstag auch der Chef der australischen Streitkräfte, General Peter Cosgrove auf, um den Journalisten zu versichern, der Krieg verlaufe „ganz nach Plan“.

Diese Bemerkung stand allerdings im Gegensatz zu den letzten Äußerungen von Premierministers John Howard, dass die früher gehegten „Hoffnungen auf ein schnelles Kriegsende unrealistisch“ seien. Laut Cosgrove stehen Kräfte der australischen Elitetruppe SAS schon kurz vor Bagdad. Er gab zu – offensichtlich enttäuscht –, dass seine Truppen nicht wie erwartet Spuren von chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen entdeckt hätten.

Die Entscheidung des Kabinetts Howard, insgesamt 2.000 Soldaten der Luftwaffe, Marine und der SAS-Elitetruppe in den zunächst höchst unpopulären Krieg zu schicken, zahlt sich für die konservative Regierung inzwischen aus.

Das zeigt die jüngste Meinungsumfrage, derzufolge der Krieg jetzt erstmals von einer leichten Mehrheit der Australier unterstützt wird. Die konservativen Regierungsparteien steigerten seit Kriegsbeginn ihre Zustimmungsrate um 6 auf 52 Prozent, während die oppositionelle Labor-Partei von 53,5 Prozent auf 47,5 Prozent zurückfiel. Das liegt vermutlich auch an der konfusen Irakpolitik des Labor-Oppositionsführer Simon Crean, der gerade die zuvor recht populäre Forderung nach dem sofortigen Abzug der australischen Truppen fallen ließ. 62 Prozent der Australier bevorzugen Howard gegenüber Crean als Premierminister. Die Zustimmung für Crean fiel auf ein Rekordtief von 17 Prozent.

Die massiven, zum Teil gewalttätigen Proteste der Kriegsgegner in Sydney gehen weiter – trotz eines polizeilichen Verbots. Das erschreckt vor allem die parlamentarischen Hinterbänkler der Regierungsparteien. Der Sicherheitsrat der Regierung hat vermutlich auch deswegen am Dienstag beschlossen, das australische Iraktruppenkontingent zu verminderm. Wie Verteidigungsminister Robert Hill bekannt gab, sollen die Fregatten „Darwin“ und „Anzac“ nach der Beendigung ihrer Minenräumaufgaben in Kürze in die Heimat zurückkehren.

Howard, ein treuer Gefolgsmann von US-Präsident George W. Bush, hatte unlängst die Einladung zu Kriegsgesprächen nach Washington ausgeschlagen. Für einen Regierungschef gehöre es sich, in Kriegszeiten an seinem Regierungssitz zu bleiben, meinte Howard und schickte Außenminister Alexander Downer nach Washington. Der soll Bush versichern, dass Australiens Truppen bis Kriegsende in Irak bleiben. Sie sollen aber keine Rolle in einem Nachkriegsirak übernehmen.

Außerdem soll Downer dafür eintreten, dass eine US-Militärverwaltung nach kurzer Zeit von einer UN-Vertretung abgelöst werden soll. Auch will die Regierung darauf bestehen, dass australische Unternehmen durch bindende Verträge am Wiederaufbau Iraks beteiligt werden. Im Moment scheint dies nicht den Plänen Washingtons zu entsprechen.