nachruf auf claus hinrich casdorff: Kritischer Geist mit Nuschelstimme
Werner Höfer hatte sich ihn gar nicht im Fernsehen vorstellen können. „Der Casdorff geht nicht, weil er einen Langschädel hat, der Fernsehapparat hat aber so ein Breitformat und da passt das nicht rein“, glaubte er – und irrte. Claus Hinrich Casdorff passte, sehr gut sogar. Von 1961 an, als er erstmals die von Höfer erfundene WDR-Sendung Hier und Heute moderierte, war der Mann mit der Nuschelstimme über Jahrzehnte kaum mehr vom Bildschirm wegzudenken.
Ob die Sendungen nun Weltspiegel, Gegenrede, Schlag auf Schlag oder Ich stelle mich hießen – Casdorff präsentierte sie auf seine unnachahmliche Art. Und dann war da natürlich Monitor: Mit dem vom WDR produzierten ARD-Politmagazin, das er 1965 aus der Taufe hob und bis 1981 leitete, schrieb der Scharfzüngige Fernsehgeschichte.
Die journalistische Unabhängigkeit des 1925 in Hamburg geborenen Wahlkölners, die er sich trotz FDP-Parteibuchs stets bewahrte, und seine kritische Distanz zu den Mächtigen basierten dabei auf seiner angelsächsischen Ausbildung. In der Nazi-Zeit als 17-Jähriger 1942 von der Gestapo wegen „staatsfeindlicher Umtriebe“ ins Zuchthaus gesteckt, dann als Soldat an der Ostfront schwer verwundet, begann er seine journalistische Karriere nach dem Krieg als Volontär beim britischen Besatzungssender Radio Hamburg. Das prägte: „Wenn Sie wollen, bin ich ein englisch angehauchter deutscher Journalist“, sagte Casdorff einmal über sich selbst.
Seit seiner Pensionierung 1990 arbeitete Casdorff als Unternehmensberater. Daneben schrieb er Kolumnen für diverse Zeitungen, darunter das Gratisblatt 20 Minuten Köln. Von 1992 an war er Präsident des Kölner Presseclubs. Claus Hinrich Casdorff starb am Freitag im Alter von 78 Jahren. Pascal Beucker
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