Hier kommt Kurt

Das Publikum bereitet dem neuen FCK-Coach Jara einen kühlen Empfang, erwärmt sich aber am 1:0 gegen Köln

KAISERSLAUTERN taz ■ Wären Kurt Jara und sein Assistent Manfred Linzmaier nicht in der Hinrunde beim HSV entlassen worden, dann hätten statt ihrer wohl deren Hamburger Nachfolger Klaus Toppmöller und Co-Trainer Werner Melzer, beides Lauterer Urgesteine, am Samstag als neue Coaches des 1. FC Kaiserslautern den Rasen des Fritz-Walter-Stadions betreten. Die Begeisterung der Zuschauer hätte sicher kein Ende genommen. So aber musste Jara, von FCK-Boss René C. Jäggi letzte Woche als Gerets-Nachfolger verpflichtet, die relative Gleichgültigkeit der Fans über sich ergehen lassen. Es gab zwar keine Pfiffe zum Empfang, als über die Lautsprecher „Hier kommt Kurt!“ erklang, aber „ihrem“ Erik Gerets wollte die Westtribüne denn doch noch einmal die Ehre erweisen. Vor dem Spiel dankten sie dem Belgier ausgiebig für seine Dienste.

„Man muss Erfolg haben, dann wird man auch von den Fans geliebt“, kommentierte Jara diesen kühlen Empfang, nachdem er sein erstes Spiel als Coach des abstiegsbedrohten Traditionsclubs mit 1:0 gegen den 1. FC Köln gewonnen hatte. Dabei hatte er in den vier Tagen, die ihm bis zu diesem Schlüsselspiel der Kellerkinder blieben, gar nicht viel Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Aleksander Knavs, der Mannschaftskapitän, der schon beim FC Tirol Innsbruck unter Jara gespielt hatte, fand denn auch, dass „sich ganz groß nichts geändert“ habe. Aber gerade er, der mit Gerets Probleme hatte wegen seiner öffentlich geäußerten Kritik, demonstrierte 90 Minuten lang, welchen Einfluss ein Trainerwechsel auf die Motivation und Leistung eines Führungsspielers haben kann. „Knavs hat so gespielt, wie ich ihn aus der Tiroler Zeit kenne“, freute sich Jara über die Darbietung des Slowenen, der in der neu formierten Dreierkette zusammen mit Timo Wenzel und Stefan Malz überzeugte. Überzeugend war erstmals seit längerer Zeit auch das Engagement des gesamten Teams, das in der Vergangenheit häufig Zweifel hatte aufkommen lassen, ob es denn überhaupt ein solches sei. In der ersten Halbzeit erinnerten die Lauterer an längst vergessene Zeiten, als sie ihre spielerischen Mängel durch ihren Kampfgeist kompensierten. So blieb der 1. FC Köln bis auf einen Freistoß, den Albert Streit in der 14. Minute an den Pfosten setzte, ohne Torchance. In der 22. Minute fiel das entscheidende Tor für die Lauterer durch Vratislav Lokvenc. „Das war ein kleiner Schritt nach vorne“, bewertete der Tscheche den 1:0-Sieg durch seinen ersten Treffer nach einer langen persönlichen Durststrecke, die ihn zuweilen fast mutlos hatte erscheinen lassen.

Die Kölner mussten das Spiel mangels des Vorhandenseins farbadäquater Auswärtstrikots in ausgeliehenen giftgrünen Trainingsleibchen bestreiten. In der zweiten Hälfte kombinierten sie besser und drängten den 1. FCK zusehends in dessen eigene Hälfte. Aber außer in der Nachspielzeit, als es vor Tim Wieses Tor noch einmal hektisch wurde, ging es in Lauterns Strafraum eher ruhig zu. Kölns Kapitän Thomas Cichon war denn auch sauer auf seine Mitspieler: „Wir hatten in der ersten Halbzeit die Hosen voll. Man muss dazwischen hauen, wenn es um die Existenz geht“, sah er den Grund für die Niederlage in der Zurückhaltung seines Teams. Sein Trainer Marcel Koller war da diplomatischer. „Uns hat die letzte Konsequenz gefehlt, nun stehen wir wieder unter dem Strich und müssen uns am nächsten Samstag gegen Schalke 04 neu beweisen.“

Der 1. FC Kaiserslautern muss zum Tabellenführer Werder Bremen, steht aber zumindest bis dahin erst einmal über dem Strich, sprich auf Platz 15. Beruhigend kann das noch nicht sein. Aber immerhin hat der neue Trainer den schlimmsten Unsinn, den sein Vorgänger als Innovation lobgepriesen hatte, rückgängig gemacht. Die Zehnstundentage im Sportpark Rote Teufel, dem Nachwuchszentrum des 1. FC Kaiserslautern, und in den Katakomben des Fritz-Walter-Stadions, wo es Ruheliegen für die Spieler gab, sind vorbei. Auch die starren Essensregeln sind passé. Das kommt gut an bei der Mannschaft, die, so Kapitän Knavs, „etwas für sich gutmachen musste“. Der Anfang dazu ist ihr und ihrem neuen Trainer erst einmal gelungen.

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