Kanoutes Tore lassen Mali träumen

In Tunesien interessiert Fußball nur, wenn Tunesien spielt. Das allerdings ist auch im Halbfinale des Afrika-Cups der Fall

TUNIS taz ■ Tunesien hat dem Spuk ein Ende bereitet. Die Geister, die man 1994, bei den letzten Afrikameisterschaften im eigenen Land, mit dem Ausscheiden in der Vorrunde weckte, haben sich endlich zur Ruhe gesetzt. Schnell stellte sich damals heraus, dass die Tunesier kein Interesse am Fußball zeigen, außer dann, wenn ihr eigenes Team vor sich hin gurkte.

Mit dem ebenfalls gemüsehaften Viertelfinal-Erfolg gegen den WM-Viertelfinalisten Senegal (Mnardi schoss in der 65. Minute das 1:0) in der aktuellen Auflage des Afrika-Cups konnte der Gastgeber einen erneuten Flop vor ausverkauftem Haus im neuen Stadion Radés verhindern. Dem eigenen Coach Roger Lemerre, in der WM-Vorrunde 2002 mit Frankreich noch am Senegal gescheitert, gönnte man so eine kleine Revanche auf dem Rücken seines damaligen Assistenten Guy Stephan, inzwischen im Dienste Senegals tätig.

Warum in Tunesien dennoch keine fußballbegeisterte Stimmung aufkommen mag, wurde beim ersten Viertelfinalspiel zwischen Mali und Guinea, 20 Kilometer von Radés entfernt, offensichtlich. Der Vorstellung der beiden schwarzafrikanischen Teams wohnten gerade einmal 5.000 Zuschauer bei. Ein großes Problem für den Afrikanischen Fußballverband (CAF), sagt ein nigerianischer Verbandsdelegierter. „Die Tunesier lieben am meisten sich selber – und danach noch ein bisschen Algerien und Marokko“, zürnte er wegen der schwach besuchten Spiele schwarzafrikanischer Teams schon während der abgeschlossenen Gruppenphase.

Da waren sie dann doch, die Geister, die den Traum von der Ausrichtung der Weltmeisterschaften 2010 zunichte machen könnten. War das Spiel zwischen dem ambitionierten Team Guineas und dem leicht favorisierten Team aus Mali doch bislang eines der besten des gesamten Turniers. Mit zwei Toren in der Nachspielzeit der ersten (47./Kanoute) und zweiten Hälfte (91./ Mahamadou Diarra) konnte Mali den gut organisierten Gegner durch einen Torwartfehler glücklich mit 2:1 besiegen und bei seiner vierten Teilnahme zum vierten Mal ins Halbfinale des Turniers einziehen.

Mit einem starken Korsett aus Spielern, die bei den U-20-Weltmeisterschaften 1999 den dritten Platz belegten, gilt Henri Stamboulis Team bei den diesjährigen Afrikameisterschaften neben Kamerun und Gastgeber Tunesien als Titelanwärter. Seit mehr als einem Jahr ist das Team ungeschlagen. „Jetzt wollen wir den Cup gewinnen“, sagt Soumaila Coulibaly, der in der Bundesliga für Freiburg tätig ist und bei Nationalcoach Stambouli als vielseitiger Spieler eine wichtige Rolle im Mittelfeld einnimmt.

Malis Staatspräsident steckte mit der Ausrichtung des Afrika-Cups 2002 viel Geld in den Fußball. Sein jüngstes Engagement könnte Mali nun den größten Erfolg bescheren. Mit dem in Frankreich geborenen Frederic Kanoute (Tottenham), der bereits für die U-20 Frankreichs spielte, konnte der Präsident nach einer neuen Regel des Weltfußballverbandes Fifa einen dringend benötigten Stürmer überreden, für Mali aufzulaufen, da ein Elternteil des Premier-League-Torjägers aus Mali stammt. „Er gibt den anderen Selbstvertrauen“, sagt Stambouli. Und Tore. Viermal hat Kanoute schon getroffen. Bleibt nur eine Sorge, die Soumaila Coulibaly äußert: „Zu Hause feiern sie derart heftig, dass es schon drei Tote gab.“ Das war bereits nach dem Viertelfinaleinzug. OKE GÖTTLICH