UNIONSMEHRHEIT IM BUNDESRAT VERHINDERT NÖTIGE STEUERREFORMEN: Zerstrittene Blockierer
Deutschland hat eine neue Regierung. Keine Vorlage wird in den kommenden Jahren das SPD-geführte Bundesfinanzministerium verlassen, ohne dass sie vorher mit den Landesregierungen der Union abgestimmt worden wäre. Denn Rot-Grün ist auf die Zustimmung der Unionsmehrheit im Bundesrat angewiesen. Gerade findet der Test statt, ob die Union ihrer Verantwortung gewachsen ist. Es sieht nicht gut aus.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, CDU, und sein sozialdemokratischer Kollege Peer Steinbrück aus NRW konnten sich bisher nur auf einen steuerpolitischen Minimalkonsens einigen. Alles weitere wird jetzt zwischen den 16 Landeshauptstädten hin und her gemailt. Dank der Zerstrittenheit der Union dürfte dabei ein größeres Durcheinander entstehen. Während Koch finanzpolitischen Pragmatismus zeigt, streitet der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, CSU, mit CDU-Chefin Angela Merkel um die parteiinterne Führung. Weil Stoiber sich ständig als der eigentliche Oppositionsführer darstellt, blockiert er große Teile des rot-grünen Steuergesetzes, darunter die Mindeststeuer für Konzerne.
Freilich ist es richtig, dass man der Wirtschaft in der gegenwärtigen konjunkturellen Schwächephase nicht unbedingt zusätzliche Belastungen aufbürden muss, doch in ein oder zwei Jahren sollte dieses Problem wegen der wirtschaftlichen Erholung nicht mehr bestehen. Dass Stoiber diese Möglichkeit trotzdem verwirft, zeigt zweierlei. Die Mitregierung der Union wird erstens zu einer verschärften sozialen Schieflage führen. Denn Sozialkürzungen, die die Bundesregierung alleine machen kann, werden kommen – eine ausgewogene Steuerpolitik, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bleibt hingegen auf der Strecke. Zweitens setzt die Union ihren finanzpolitischen Blindflug fort. Während Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser beklagt, dass die Steuereinnahmen einbrechen, verweigert Stoiber die Umkehr. Er trägt damit einen erheblichen Teil der Verantwortung für die Löcher in den öffentlichen Kassen.
HANNES KOCH
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