Kerry ist kaum noch zu stoppen

Bei den Vorwahlen der Demokraten in den USA gewinnt John Kerry auch in Michigan und Washington. Ehemaliger Favorit Howard Dean abgeschlagen auf Platz zwei

WASHINGTON taz ■ John Kerry hat am Samstag auch die Vorwahlen der Demokraten in den Bundesstaaten Michigan und Washington mit deutlichem Abstand gewonnen. Der US-Senator aus Massachusetts liegt damit im Wettstreit seiner Partei um die Nominierung für die Präsidentenwahl weit vorn. Der 60-Jährige setzte sich in Michigan und Washington mit 52 beziehungsweise 48 Prozent der Stimmen klar gegen seine parteiinternen Konkurrenten durch. Der ehemalige Favorit Howard Dean kam abgeschlagen nur jeweils auf den zweiten Platz. John Edwards, Senator aus North Carolina und bislang stärkster Rivale von Kerry, war daneben der einzige Kandidat, der in Michigan ein zweistelliges Ergebnis schaffte.

Mit seinen beiden Siegen hängte der Vietnamveteran Kerry seine Mitbewerber nunmehr bei neun von bislang elf Vorwahlen ab. Bei der gestrigen Vorwahl im Ostküstenstaat Maine schien Kerrys Wahlsieg ebenfalls so gut wie sicher. Und auch bei den nächsten Abstimmungen am Dienstag in Virginia und Tennessee sehen die Umfragen den 60-Jährigen als Favoriten.

Dean, der konsequente Antikriegskandidat, hatte auf ein besseres Abschneiden im liberalen Westküstenstaat Washington gehofft. Der abgeschlagene Exgouverneur von Vermont bündelt seine Kräfte daher für ein möglicherweise letztes Gefecht Mitte Februar in Wisconsin. Am Samstag erlitt er einen weiteren Rückschlag in seinem Wahlkampf, als die wichtige Gewerkschaft für öffentliche Angestellte ihre im vergangenen Herbst abgegebene Unterstützung wieder zurückzog. Dean hatte zuvor angekündigt, dass er aus dem Rennen aussteigt, sollte er Wisconsin nicht gewinnen.

Der Bundesstaat könnte auch für alle verbleibenden Konkurrenten die letzte Station sein. Die endgültige Entscheidung fällt spätestens Anfang März, wenn in den bevölkerungsreichen Staaten Kalifornien, New York und Florida gewählt wird.

Kerrys Kampf um die Präsidentschaftskandidatur galt noch vor einem Monat als hoffnungslos. Spätestens nach seinen Siegen vergangene Woche in fünf Staaten ist er jedoch der aussichtsreichste Bewerber, um Bush im November herauszufordern. „Comeback-Kerry“ hat eine erstaunliche Metamorphose vollbracht. Galt er anfangs als steif und unnahbar, wirkt er zunehmend gelöst, kämpferisch und siegessicher. „Die Tage von George Bush sind gezählt“, rief Kerry seinen Anhängern am Samstag zu. Die regierenden Republikaner würden eine extreme Politik vertreten und das Land spalten, die Demokraten dagegen stünden für die Mitte, sagte er. Rückenwind verleihen ihm offenbar auch jüngste Umfragen, die Präsident Bush fast die niedrigsten Zustimmungswerte seiner Amtszeit bescheren. Einer Newsweek-Umfrage zufolge würde Kerry das Duell mit dem Präsidenten mit 50 zu 45 Prozent für sich entscheiden.

MICHAEL STRECK