Alle Maschinen stopp

Frauen arbeiten kreativ, bereiten sich auf einen neuen Beruf vor, und bei Lebenskrisen ist Hilfe da. Nun soll mit alldem Schluss sein – der Frauenhand-Werkstatt wird das Geld gestrichen

von ANNE HANSEN

Manchmal, da wird Doris Benox ihre Arbeit zu viel. Da möchte die freie Publizistin, die Computerhandbücher schreibt, einfach irgendwohin flüchten. „Meistens nicht erfüllend“, beschreibt sie ihre Arbeit. Die „erfüllende“ Alternative fand sie vor fünf Jahren in der Frauenhand-Werkstatt e. V. Dort kann sie kreativ sein, frei arbeiten, kommen und gehen, wann sie will, und wenn sie Probleme hat, bekommt sie Hilfe.

Die Frauen-Handwerkstatt ist eine offene Töpferei und Tischlerei. Vor zwanzig Jahren wurde sie von einer Töpferin gegründet, heute kommen so wie Doris Benox rund 160 Frauen regelmäßig nach Dulsberg. Hauptamtlich arbeiten hier die Töpferin Kirsten Schmidt und die Tischlerin Christina Meier, eine Sozialpädagogin hat eine halbe Stelle. Das Prinzip ist einfach: Frauen bringen Frauen das Handwerk bei. „Wenn Mann und Frau etwas zusammen bauen, dann baut der Mann und die Frau reicht Hammer und Nägel, kocht zwischendurch einen Kaffee und räumt hinterher auf“, erklärt Doris Benox. „Hier ist das anders.“

Die Werkstatt ist für Frauen aus allen sozialen Schichten da. Der Mitgliedsbeitrag richtet sich nach dem Einkommen, wer nicht Mitglied werden will, bezahlt die Nutzung der Werkstatt nach Stunden. Für Seminare wie „Tapezieren“ oder „Haushaltsreparaturen“ gibt frau, was sie geben kann, für Mütter wird eine Kinderbetreuung angeboten, und in „allen Krisenfällen des Lebens“ hilft Brigitte Gertkämper. Denn vielen Frauen fehle der Mut, sich an eine offizielle Bratungsstelle zu wenden, erklärt die Sozialpädagogin. „Hier kommen sie ganz unverfänglich mit mir ins Gespräch und trauen sich, über ihre Probleme zu sprechen.“ Vor allem Frauen, die beruflich in einer Umbruchsituation sind, können sich hier neu orientieren. „Wenn eine Frau zum Beispiel schon lange arbeitslos ist, igelt sie sich oft ein“, sagt Gertkämper. „Hier lernt sie, offen zu sein und arbeitsfähig zu bleiben.“

Ein Konzept, das zwanzig Jahre funktionierte, das zwanzig Jahre lang begeistert angenommen wurde und das nun vor dem Aus steht: Das Projekt, bislang zu 100 Prozent von der Stadt Hamburg finanziert, soll im nächsten Jahr gar keine Förderung mehr erhalten. „Es liegt zu wenig Beschäftigungsförderung vor. Und die Karten werden eben jedes Jahr neu gemischt“, begründet dies lapidar der Pressereferent der Behörde für Soziales und Familie, Oliver Kleßmann.

Doris Benox glaubt: „Wahrscheinlich müssen wir schon im Herbst dicht machen, schließlich müssen die Maschinen und der ganze Kram dann verkauft werden.“ Wenn sie über das Ende der Werkstatt spricht, dann fallen Worte wie „entsetzlich“, „großer Verlust“ und „einfach nur traurig“. Für Doris Benox gehört die Einrichtung zum Leben. Deswegen will sie nun mit zwanzig anderen Frauen kämpfen. Für eine Lösung, für eine neue Werkstatt, dafür, dass es irgendwie weitergeht.

Am Montag hatten die Frauen ihre erste „Notkonferenz“. Um sich zu organisieren, haben sie sich in zwei Gruppen aufgeteilt: „Best case“ und „worst case“, nennt Doris Benox das. Die Frauen in der „Best-case“-Gruppe kümmern sich darum, EU-Mittel zu beantragen, Sponsoren zu finden oder beispielsweise die Heinrich-Böll-Stiftung für ihr Anliegen zu gewinnen. Die „Worst-case“-Frauen wollen klären, wie es weitergehen soll, wenn von keiner Seite Geld kommt. Doris Benox ist in der ersten Gruppe. „Zum Glück“, sagt sie und lacht ein wenig unglücklich.

Bei der Sitzung haben sie alle möglichen Optionen besprochen. Auch, ob man vielleicht mit anderen Einrichtungen zusammenarbeiten könnte. Mit Einrichtungen, in denen auch Männer sind. Ein klares „Nein“ wurde zwar noch nicht beschlossen, aber wenn es nach Doris Benox geht, kommt das nicht in Frage. Wenn Männer dabei sind, ändere sich die Atmosphäre. Manche Frauen verunsichere das, andere Frauen konzentrieren sich nur noch auf den Mann, und anders reden würden alle: „Man merkt das schon, wenn der Holzlieferant da ist und wir mit dem Kaffee trinken.“

Frauenhand-Werkstatt e. V. , Elsässer Straße 4, 2204 Hamburg, Dulsberg, ☎ 69 61 94 9.