Kölner Babyklappe vor dem Aus

Der Sozialdienst katholischer Frauen erwägt die Schließung der Babyklappe. Der Grund: Auch ohne die anonyme Abgabe bestehe keine Gefahr, dass Mütter Neugeborene töten

KÖLN taz ■ Für die einen symbolisierte sie die Retterin unschuldiger Neugeborener. Die anderen sahen in ihr eine Verletzung der Menschenwürde. An der Kölner Babyklappe, die seit November 2000 verzweifelten Müttern die Möglichkeit gibt, ihr Kind anonym in die Obhut fremder Menschen zu geben, haben sich die Geister stets geschieden. Jetzt denkt man beim Träger, dem Sozialdienst Katholischer Frauen (SkF), offen über Alternativen zum Babyfenster nach.

Bei Auswertung der Daten habe der gemeinnützige Verein herausgefunden, dass die jungen Mütter, die ihr Neugeborenes in die Klappe legten, eines gar nicht vor gehabt hätten: ihr Kind bei Mangel an Alternativen zu töten. „Die Frauen, die sich im Nachhinein bei uns meldeten, haben uns versichert, sie hätten ihr Baby nie umgebracht, auch wenn es die Klappe nicht gegeben hätte“, sagt Monika Kleine, Geschäftsführerin des SkF.

Damit sieht sich der SkF Köln seiner Rechtsgrundlage für die Babyklappe beraubt. Denn nur wenn ein Leben in akuter Gefahr ist, könne man laut SkF sagen: Es ist wichtiger, dass ein Kind lebt, als dass es seine Herkunft kennt. Noch dazu, so glaubt Monika Kleine, suchten die Mütter gar nicht die Anonymität gegenüber ihrem Kind, sondern gegenüber ihrem sozialen Umfeld. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass manche Mütter ihrem Kind gerne Informationen über sich zur Verfügung stellen würden“, sagt Kleine.

Weil Zweifel an den Intentionen der Mütter aufgekommen sind, überlegt man beim SkF nun, die Babyklappe durch anonyme Beratung oder Arm-zu-Arm-Übergaben zu ersetzen. In beiden Fällen sei die Frau geschützt vor ihrem sozialen Umfeld, nicht aber dem Kind das Wissen um seine Herkunft verwehrt. „Dass beides für die Mütter die Überwindung einer höheren Schwelle bedeutet, wissen wir auch“, so Kleine.

Wie die Einführung der Babyklappe, so birgt auch ein Nachdenken über deren Abschaffung Anlass zu Meinungsverschiedenheiten. Ulrich Breite, Geschäftsführer der Kölner FDP-Ratsfraktion, zum Beispiel ist „entsetzt und aufgeschreckt“ über die Überlegungen im SkF. „Weil man die Wahrscheinlichkeit der Kindstötung nicht beweisen kann, kriegen die jetzt kalte Füße“, sagt Breite. Der mögliche seelische Schaden eines Kindes, das nicht um seine Herkunft weiß, sei nicht zu unterschätzen. Trotzdem wiege das Leben des Kindes schwerer, so der liberale Ratspolitiker: „In den letzten drei Jahren wurden sechs Kinder in die Klappe gelegt. Wir wissen nicht, was mit ihnen passiert wäre, hätte es diese Möglichkeit nicht gegeben.“ Claudia Lehnen