hamburg heute
: „Nicht nachlässig werden“

Absolventen einer Schreibwerkstatt lesen aus ihren Arbeiten

taz: Frau Heinrich, zwölf ihrer Zöglinge lesen ihre Texte zu „Paare, Passanten und Querulanten“ vor. Woher kommt das Talent zum Schreiben?

Jutta Heinrich: Aus dem Widerspruch zwischen eigenem und gesellschaftlichem Leben. Es entsteht aus der Lust und dem Zwang, über sich selbst nachzudenken, also die Kluft nicht zu betäuben, sondern anders – im Schreiben – wahrzunehmen.

Kann dann jeder schreiben?

Es muss eine besondere Tiefe vorliegen, eine Haltung von sich zur Welt, die gepflegt werden muss. Ich muss auch meine Spitzfindigkeit wachhalten und darf nicht nachlässig werden.

Kreatives Schreiben– ein neuer Trend?

Ich mag den Ausdruck nicht, denn Schreiben ist kreativ. Jede Zeile, die unser Selbst übersteigt, ist hoch kreativ.

Wie haben Sie die heutigen Texte ausgewählt?

Es geht um Ansporn, um besonders gelungene Texte und letztlich um begabte Neulinge. Aber alle Texte müssen literarisch umgesetzt sein.

Nur ein Mann trägt vor. Zufall?

Männer kommen selten in Schreibwerkstätten vor – als Autoren, Rezensenten und in Jurys sehr wohl. Es ist ihnen nicht zielgerichtet genug.

Hören nur FreundInnen zu?

Ich nehme an, dass ein größerer Kreis kommt – auch wegen mir als Schriftstellerin: Ich leite die Lesung als Tonangeberin und Händchenhalterin.INTERVIEW: KEE

20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38

JUTTA HEINRICH, 68, Schriftstellerin