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Sie essen Amerikaner mit Peace-Zeichen und sind die Friedens-APO, auf die alle gewartet haben: Die PDS macht einen Friedensparteitag

BERLIN taz ■ Fast hätte Parteivize Dieter Dehm aufgelegt, bevor Jean Ziegler den entscheidenden Satz sagen konnte. Zehn Minuten lang hatte der schweizerische UNO-Botschafter per Telefon über den „kriminellen Angriffskrieg“ der USA und das Elend der irakischen Bevölkerung referiert und betroffene Gesichter hinterlassen. Dehm wollte das Gespräch gerade beenden, da setzte Ziegler noch einmal an: „Entschuldigung“, schnarrte es mit erhobener Stimme aus den Boxen, „aber es gibt auch Hoffnung. Es gibt ja den PDS-Parteitag.“

Weil die PDS es auch so gerne hätte, dass sie endlich als DIE Partei des Friedens gilt und längst auch unter www.friedenspartei.de erreichbar ist, hatte man am Samstag zum außerordentlichen Parteitag nach Berlin eingeladen. Dort erschienen zwar nur zwei Drittel der Delegierten – die anderen, konstatierte Parteichefin Gabi Zimmer, stünden sicher schon wieder auf der Straße und demonstrierten –, die aber mühten sich redlich, das Bild heillos zerstrittener Postsozialisten zurechtzurücken.

Einstimmig und nach nur minimalen Interventionen des notorisch querulatorischen Hamburger Landesverbandes wurden zwei Anträge verabschiedet, in denen ein sofortiges Ende des Krieges gefordert sowie zur Teilnahme an Antikriegsaktionen aufgerufen wird. Unter dem Titel „Frieden – Demokratie – Abrüstung“ fordert die PDS unter anderem die Einberufung einer Sondertagung der UN-Vollversammlung, die den Überfall auf den Irak verurteilen und die USA und Großbritannien zum sofortigen Rückzug verpflichten soll.

Vor allem aber ging es der PDS, die seit ihrem selbstzerstörerischen Geraer Parteitag im vergangenen Oktober dauerhaft in der Bedeutungslosigkeit zu versinken droht, um Selbstvergewisserung und die Rückkehr zur kollektiven Identität. Schon in der Einladung hieß es offen, das Treffen solle die „emotionale Verbundenheit der Mitglieder vertiefen und dazu beitragen, Kraft für das politische Engagement zu geben“.

Um bei dem Versuch, sich als Teil der Friedensbewegung zu fühlen, zu helfen, waren massenhaft inländische wie ausländische Gäste eingeladen worden. Eine Solidaritätsadresse jagte die andere. Wer sich zur Abwechslung ins Foyer begab, traf dort auf einen wahren Devotionalienhandel in Sachen Frieden; von Friedenstauben in Emaille, Holz und Stoff bis zu selbst gebackenen Amerikanern mit Peace-Zeichen als Schokoguss.

Inhaltlich lässt sich vermerken: Einige führende Reformer, allen voran Lothar Bisky und Gregor Gysi, waren gar nicht erst erschienen. Gysi hatte vor einer Woche den Unmut des Parteivorstands auf sich gezogen, als er öffentlich forderte, die PDS solle zu einer Position zurückzukehren, in der der UN-Sicherheitsrat „einschließlich seines Gewaltmonopols“ anerkannt werde. Dem entgegen steht der – vom Vorstand nach wie vor verteidigte – Münsteraner Parteitagsbeschluss von 1999, der sich kategorisch auch gegen Militäreinsätze mit UNO-Mandat ausgesprochen hatte.

Nur Berlins Kultursenator Thomas Flierl brach kurzfristig aus: „Auch über Münster muss gesprochen werden.“ Doch er erntete Widerspruch von allen Seiten. Wie immer war es der Europaabgeordnete Andre Brie, der inmitten der Friedenslyrik auch ein bisschen Selbstreflexion forderte. Man möge dem „fundamentalistischen Freund-Feind-Denken“ der Bush-Administration doch bitte nicht selbiges, sondern „Nachdenklichkeit und den Pluralismus von Kultur“ entgegensetzen. JEANNETTE GODDAR