Brandherd Kalifornien

Die verheerenden Buschbrände um Los Angeles sind weitgehend unter Kontrolle. Sie hinterlassen Verwüstung – und Fragen nach dem Warum

Im Süden der US-Westküste hat sich die Zahl der Waldbrände seit 1986 vervierfacht

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Aktueller könnte das zweitätige Treffen kaum sein. Gouverneur Arnold Schwarzenegger will am Dienstag zu Hause bei sich in Kalifornien Gäste der Europäischen Union, Australiens und Chinas empfangen. Zwei Tage lang wollen die Gipfelteilnehmer Strategien gegen den Klimawandel diskutieren, während nur wenige hundert Meilen weiter südlich die Feuerwehr wieder einmal mit den glühenden Resten eines verheerenden Buschfeuers ringt.

Vier Tage lang kämpfte die Feuerwehr gegen insgesamt drei Brände. Rund 1.000 Häuser und rund 170 Quadratkilometer Land seien von den Flammen verzehrt worden, meldeten die kalifornischen Behörden.

Schwarzenegger sah sich am Montag gezwungen, in Washington finanzielle Unterstützung für die Betroffenen zu beantragen. Zwar seien die Feuer nahe Santa Barbara sowie am Nord- und Ostrand von Los Angeles zu größten Teilen unter Kontrolle, meldeten US-Medien am Montagabend, doch noch immer seien tausende Menschen, die vor den Flammen fliehen mussten, unterwegs.

In dem Sonnenstaat sind großflächige Feuer keine Seltenheit. Erst vor einem Jahr hatten Dutzende Brände zwischen San Diego und Malibu den Süden Kaliforniens in einen Flammenteppich verwandelt. Eine Million Kalifornier war damals auf der Flucht vor dem Feuer, dass mindestens 1.500 Häuser zerstörte und dabei 12 Menschen tötete. Wie sich später zeigte, hatte ein spielendes Kind den Großbrand ausgelöst. Auch diesmal vermuten Feuerexperten Brandstiftung oder menschliche Unachtsamkeit als Grund für das Santa-Barbara-Feuer. Die beiden anderen Brände, glauben die Behörden, seien ausgelöst worden durch ungewöhnlich hohe November-Temperaturen um 30 Grad Celsius in Kombination mit langer Dürre.

Es wäre eine unzulässige Übertreibung, wollte man die jüngste Brandserie direkt dem Klimawandel zuschreiben, auch wenn seit Hurrikan „Katrina“ gerne jede neue Wetterkatastrophe in den USA als Zeichen des drohenden Klimawandels gesehen wird. Dennoch ist es nicht wegzudiskutieren, dass sich im Süden der US-Westküste die Zahl der Waldbrände seit 1986 vervierfacht hat. Das belegt eine Studie des Journals Science von 2006. Die Flächen, die dabei verwüstet werden, sollen sich dabei im Vergleich zu den 70er-Jahren versechsfacht haben. Das sei eine direkte Folge von längeren, trockeneren Sommern.

Auch die US-Forstbehörde geht von einem unaufhaltsamen Trend steigender Temperaturen und daraus resultierenden heftigeren Fallwinden aus – welche die Feuer zusätzlich anfachen – und veröffentlichte kürzlich entsprechende Richtlinien.

Es mag in der Erdgeschichte schon viele Perioden zunehmender Buschfeuer gegeben haben. Zumindest ist die Flora und Fauna Kaliforniens ganz gut darauf eingestellt. Was nicht ins Bild passt, ist der Wildwuchs der Städte hinein in die potenziellen Brandregionen. Da in den USA jährlich mehr und mehr Menschen in die attraktive Küstenregion ziehen, wird dies nicht die letzte Katastrophe bleiben, warnen Experten. Kalifornien, dessen Gouverneur Arnold Schwarzenegger zu den US-Vorreitern in Sachen Klimaschutz gehört, ist sich der Gefahr durch Zersiedelung, CO2-Emissionen und Absenkung des Grundwasserspiegels bewusst. Mit den US-weit strengsten Gesetzen steuern die Kalifornier dagegen.

Doch die unmittelbaren Folgen der Zersiedelung sind einstweilen nicht so schnell zu stoppen. So beschwerten sich die Feuerwehrtruppen im Norden von L. A., dass ihnen beim Löschen plötzlich das Wasser aus dem Grundwasserbrunnen ausging. Der heiße, hurrikanartige Fallwind fachte den Brand dabei so aggressiv an, dass die Männer um ihr Leben rennen mussten. Eine nahe gelegene Siedlung von Wohnwagenhäusern, die meisten nicht feuerresistent, brannte auf dem noch nicht lange besiedelten Buschland wie eine Streichholzschachtel, meldeten US-Medien.

Ein vergangene Woche veröffentlichter Report der kalifornischen Universität Berkeley schätzt die Kosten der kombinierten Effekte des Klimawandels, des Anstiegs des Meeresspiegels, der zunehmenden Waldbrände und anderer extremer Wettererscheinungen für die Region auf jährlich bis zu 3,9 Milliarden US-Dollar.